21 Jahre nach ihrem WM-Debüt hat Andrea Mayr neuerlich Weltmeisterschaften auf heimischem Boden fest im Visier. Damals wie 2023 ist Innsbruck Gastgeber, der Vertical-Bewerb geht am 7. Juni im Stubaital über die Bühne. Gut fünf Wochen davor steigt die erfolgreichste Bergläuferin der Geschichte in ihre neue Berglauf-Saison ein. „In meiner Karriere bin ich bei Staatsmeisterschaften nirgends so oft gelaufen wie in Itter“, lacht die 43-Jährige. „Aber ich hab mich dort immer wohlgefühlt und schätze die Bemühungen des Veranstalters.“ Weil manche Trainings sehr gut verlaufen sind, gibt sich die Oberösterreicherin vor dem ersten Berglauf der Saison entspannt und zuversichtlich. „Auch wenn es zuletzt aufgrund der Schneelage nicht einfach war, genügend Höhenmeter mit gut zu belaufenden Trainingsstrecken zu kombinieren“, fügt sie an. Wird sie ihrer Favoritenrolle am Sonntag gerecht, geht der Berglauf-Staatsmeistertitel zum zwölften Mal in Folge an sie. Wie immer dabei sein wird ihre Familie, dazu zählt auch ihr Hund – der einzige im „Team Mayr“, der bergauf ein schnelleres Tempo vorlegen könnte als Andrea.
Offenes Duell der Zwillingsbrüder
Sechsmal in den letzten sieben Jahren gewann Manuel Innerhofer den Berglauf-Staatsmeistertitel bei den Männern, zuletzt viermal in Serie. Diese Serie gefährdet in diesem Jahr sein Zwillingsbruder Hans-Peter. Diese Formulierung will der Titelverteidiger aber nicht gelten lassen. „Hauptsache ein Innerhofer gewinnt und der andere wird Zweiter!“, sagt er bestimmt. Natürlich sei er ehrgeizig, doch ein zweiter Platz hinter seinem Zwillingsbruder hätte einen gleichen Wert wie ein Sieg. Beide Innerhofer-Brüder hatten im Frühjahr mit Erkrankungen zu kämpfen, Manuel erwischte es Ende März mit einer wochenlangen Trainingspause, Hans-Peter musste zuletzt ein paar Tage wegen einer Erkältung aussetzen. „Ich habe heuer noch nicht so viel Berglauf trainiert“, gibt Manuel zu. Der unüblich viele Neuschnee der letzten Wochen erschwerte das Berglauf-Training im Oberpinzgau deutlich.
Beide reisen bereits mit einem Staatsmeistertitel im Gepäck nach Tirol: Manuel, der seit zwei Wochen wieder voll im Training ist, reüssierte Mitte März im Crosslauf, Hans-Peter Ende März im Halbmarathon. Im Vorfeld schieben die beiden die Favoritenrolle vorsichtig hin und her. Manuel verweist darauf, dass Hans-Peter in gemeinsamen Trainings besser war. Hans-Peter kontert und erinnert daran, dass Manuel in Wettkämpfen bisher immer deutlich zulegen konnte. Hans-Peters Hoffnungen auf seinen ersten Staatsmeistertitel im Berglauf nach der Silbermedaille 2022 nähren sich aus der besten sportlichen Verfassung seines Lebens. Alle Wettkampfleistungen im Jahr 2023 hatten hohe Qualität, genauso wie das Training Richtung WMTRC, wo er den Short Trail bestreiten wird. „Wir werden unser Bestes geben und wollen einen guten Wettkampf bestreiten“, sagt Hans-Peter stellvertretend für beide. „Am Ende wird es sowieso drauf ankommen, wer mehr Kraft in den Haxen hat.“
Kurzfristige Streckenverlängerung
Wie vor zwei Jahren finden die Berglauf-Staatsmeisterschaften in der kleinen Gemeinde Itter, rund zehn Kilometer von Wörgl entfernt, statt. Der Start für den Männer- und Frauenbewerb inklusive der Masters bis M/W55 geht am Dorfplatz über die Bühne. Nach einer neuschneebedingten, leichten Streckenveränderung im Schlussteil verlängert sich die Distanz auf etwa 10,5 Kilometer, knapp 900 Höhenmeter sind zu überwinden. Die Gesundheit der Aktiven ist das überzeugende Argument für diese kurzfristige Entscheidung. „Es ist eine für einen Berglauf eher leichtere Strecke. Allerdings könnte der nasse und teils matschige Boden die Rennen anspruchsvoll machen“, meint ÖLV-Berglauf-Referent Helmut Schmuck. Das lokale Veranstalterteam der LG Decker Itter zeigt vollen Einsatz und schaufelt einen Großteil des frisch gefallenen Schnees aus der Strecke.
Die Altersklassen U20, U18 sowie die Masters M/W60–M/W75 absolvieren eine gut sechs Kilometer lange Strecke mit einer Höhendifferenz von 586 Metern, die Masters M/W 80 laufen knapp zweieinhalb Kilometer mit einer Höhendifferenz von rund 200 Metern. Alle Starts sind für 10 Uhr geplant, das Ziel aller Bewerbe ist die Kleine Salve auf etwas mehr als 1.565m Seehöhe. Der Gipfel gilt als einer der schönsten Aussichtsberge Tirols.
WM-Nominierung auf Basis der Staatsmeisterschaftsergebnisse
Die Staatsmeisterschaften im Berglauf haben in diesem Jahr eine besondere Bedeutung. Schließlich bieten die Ergebnisse von Sonntag die Grundlage für die Nominierungen für die World Mountain and Trail Running Championships (WMTRC) 2023, die spätestens am kommenden Dienstag eingehen müssen. „Grundsätzlich wollen wir in allen WM-Bewerben Teams stellen“, sagt Schmuck, „Aber natürlich ist eine gute Leistung bei den Staatsmeisterschaften das grundsätzliche Kriterium für eine Nominierung. Ein gewisses Niveau ist für das Nationalteam bei einer WM Voraussetzung.“ Daher sind die Bewerbe in Itter eine große Chance für alle, denn bisher haben nur Mayr und sowie Manuel und Hans-Peter Innerhofer ihre Nominierung sicher. Wobei Manuel sich noch entscheiden will, ob er bei den Weltmeisterschaften den Short Trail oder die Berglauf-Bewerbe bestreiten wird.
Zurzeit sind 123 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Staatsmeisterschaftsbewerbe gemeldet, am Wochenende gibt es vor Ort die Möglichkeit der Nachmeldung.
Fotos: © ÖLV / Riedenbauer