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EM München: Vorschau Teil 3 - Lauf, Wurf, Sprung, Mehrkampf

© Paul Zenner Munich 2022

Von Montag, 15. August bis Sonntag, 21. August 2022 gehen im Münchner Olympiastadion die 25. European Athletics European Championships über die Bühne. Insgesamt werden bei den Leichtathletik Europameisterschaften in München 1.540 Athleten aus 48 Nationen  an den Start gehen (735 Frauen, 805 Männer), wenn es genau 50x um Gold, Silber und Bronze geht. Auch 14 Österreicher/innen sind dabei, heute werfen wir (in alphabetischer Reihenfolge) einen Blick auf die Läufer, Werfer, Springer und Mehrkämpfer.

Ivona Dadic (Geb.dat. 29.12.1993) – Siebenkampf PB 6.552 (2018) / SB x

Österreichs Sportlerin des Jahres 2020 hat von ihren bisherigen zwei EM-Teilnahmen mit Rang 3 (Amsterdam 2016) und 4 (Berlin 2018) jeweils Top-Platzierungen vorzuweisen. Diesmal verlief der Aufbau nicht so reibungslos wie gewünscht, einige kleine Verletzungen im Frühjahr verzögerten die Vorbereitung sowie den Beginn der Wettkampfsaison der St.Pöltnerin mehrfach. Sogar die WM in Eugene im Juli wurde ausgelassen, um den Formaufbau für München weiter vorantreiben zu können. Das dürfte gelungen sein, die Testwerte der letzten Trainingssessions lassen die Niederösterreicherin wieder zuversichtlich zur EM blicken. Dort hat die 28-Jährige sicher das Potential, sich wieder in den Top-Rängen des Siebenkampfes zu platzieren und vorne mitzumischen. 

„Es war keine leichte Saison für mich, dementsprechend schwierig waren auch die Wettkämpfe. Das ist aber vorbei, jetzt gilt die ganze Konzentration dem Siebenkampf in München. Die letzten Wochen verliefen sehr intensiv und sehr gut, jetzt lässt sich die Tasche mit meinen sieben paar Wettkampfschuhen schon leichter packen. Ich fahre mit einem sehr positiven Gefühl nach München. Dort möchte ich sieben sehr gute Disziplinen absolvieren, im besten Fall mit sieben Saisonbestleistungen. Punkteanzahl habe ich mir keine vorgenommen, die ergibt sich dann automatisch. Wenn alles gut läuft dann kommt eine ordentliche Punktezahl dabei heraus. Ich freue mich jedenfalls schon sehr.“

(C) ÖLV

Victoria Hudson (Geb.dat. 28.05.1996) – Speerwurf PB 64,68m / SB 61,90m

Groß war der Ärger der Niederösterreicherin über sich selbst, als sie vor drei Wochen in der WM-Qualifikation in Eugene hängen blieb und den Einzug ins Finale der Top-12 verpasste. Die Form stimmte, das zeigten stabile Ergebnisse über 60m vor und nach der WM. Erfahrung bei Großereignissen gibt es mittlerweile genug, trotzdem ist München jetzt die erste EM für die 26-Jährige, im Speerwerferland Deutschland zu werfen ist sicher eine zusätzliche Motivation. Mit Rang 12 in der Entry-List und Position 8 in der europäischen Saisonbestenliste hat die Olympiateilnehmerin, wenn sie ihre PS auf den Boden bringt, sicher gute Chancen auf den Finaleinzug.

„Nach der WM habe ich noch zwei Wettkämpfe bestritten, bei denen ich insgesamt drei Mal über 60 Meter geworfen habe. Bei der EM möchte ich genauso werfen, da muss ich gar nichts ändern, dann reicht das für den Finaleinzug. Es gilt das also so weiterzuführen, dann schaut es für die Quali gut aus, aber die muss man jetzt erst einmal schaffen. Ich habe heuer zwar noch keinen Weiten-Ausreißer nach oben, aber im Training und auch den Wettkämpfen läuft es insgesamt viel stabiler als in den letzten Jahren. Ich habe mich sicher weiterentwickelt, auch wenn ich es noch nicht ganz aufs Papier gebracht habe, daher bin ich mit dem Saisonverlauf schon sehr zufrieden.“

(C) ÖLV

Riccardo Klotz (Geb.dat. 15.01.1999) – Stabhochsprung PB/SB 5,65m

Der 23-Jährige ist trotz seiner jungen Jahre ein „alter Hase“ im internationalen Geschäft. Bereits vor sieben Jahren holte er Bronze beim EYOF, danach folgten U18-EM, U20-EM, U20-WM und letztes Jahr ein Finaleinzug bei der U23-EM. Dazwischen lagen zwei Corona-bedingt schwierige Jahre auf einem College in den USA, jetzt ist der Tiroler aber top-fit und hat heuer den Durchbruch in die europäische Top-Liga geschafft. Schon im Winter ging es bis 5,51m und dem Balkan-Meistertitel steil nach oben, im Freien legte der Scharnitzer noch einmal nach und schraubte seine Bestleistung bis auf 5,65m hoch. Vor allem seine Konstanz auf diesem ungewohnten Niveau ist beeindruckend, bei gleich sechs der letzten acht Wettkämpfe übersprang er 5,50m oder mehr. Mit seiner neuen PB liegt Klotz nun auch bereits auf Rang zwei der ewigen österreichischen Bestenliste, nur mehr 12cm fehlen ihm auf den Rekord. Sollte er in München sein Leistungsniveau halten können und in der Qualifikation wenige Fehlversuche haben, dann ist im traditionell spannenden Stabhochsprungbewerb eventuell sogar eine Überraschung möglich. 

„Bei den ersten Wettkämpfen hatte ich noch etwas Probleme mit dem Anlauf, aber das war eine wichtige Erfahrung, auf der ich aufbauen konnte. Danach lief es sehr gut, ich kam in einen guten Flow und konnte bei den wichtigen Wettkämpfen meine Leistung sehr gut abrufen. Als die Qualifikation für München feststand konnte ich befreit und locker springen und mich noch weiter steigern. Die unmittelbare Vorbereitung absolvieren wir in Innsbruck, da sind die Bedingungen optimal. Bei der EM will ich wieder auf dem schon gezeigten Level performen, das Finale wäre natürlich ein Traum, aber jetzt gilt es sich auf die Qualifikation zu konzentrieren.“

(C) ÖLV

Julia Mayer (Geb.dat. 20.01.1993) – 10.000m PB/SB 33:16,76min

Die 29-Jährige ist ein Paradebeispiel dafür, dass auch nach einem späten Einstieg in die Leichtathletik noch ein Durchbruch gelingen kann. Als ehemalige Fußballerin kam sie erst spät zum Laufsport, ist aber mittlerweile die erfolgreichste heimische Laufsportlerin der letzten Jahre. Die vielfache Staatsmeisterin steigerte sich jedes Jahr kontinuierlich und ist nun bei ihrem ersten großen internationalen Wettkampf mit dabei. Auf dem Weg dorthin konnte sie heuer gleich zwei Rekorde aufstellen, jene im 10km-Strassenlauf und im Halbmarathon, dazu kamen persönliche Bestleistungen über 5.000m und 10.000m. Die Niederösterreicherin ist jetzt in München im Feld der besten 27 Europäerinnen dabei, und das gleich im Finale, da es keine Vorläufe gibt.

„Die bisherige Saison war top, ich habe an meine Leistungen vom letzten Jahr anschließen und diese sogar steigern können. Mit zwei österreichischen Rekorden und den neuen Bestzeiten auf der Bahn bin ich sehr zufrieden. Das große Ziel dieses Jahr war die Qualifikation für die EM, auch das ist gelungen. Vor München war ich jetzt vier Wochen auf Höhen-Trainingslager in Livigno in Italien. Das Feld in München ist sehr stark, es macht mich stolz dort dabei zu sein und ein wenig nervös gleichzeitig. Ziel dort ist natürlich wieder eine Bestzeit zu laufen.“ 

(C) ÖLV

Lena Millonig (Geb.dat. 25.03.1998) – 3.000m Hindernis PB/SB 9:57,47min

Als die Niederösterreicherin im Mai bei den Staatsmeisterschaften nach viele Jahren mit Verletzungen ihre PB deutlich verbessern konnte und plötzlich eine EM-Kandidatin war, sprach sie selber von einem „kleinen Comeback“. Erstmals seit langem hatte sie auch über den Winter ohne Probleme durchtrainieren können und so knüpfte die die ehemalige U20-EM-Vierte fast nahtlos an ihr früheres Leistungsniveau an. Wenige Tage später gelang in Oordegem (BEL) sogar das erstmalige Unterbieten der 10-Minuten-Schallmauer, nach einer weiteren Steigerung bei den Balkan-Meisterschaften war das EM-Ticket so gut wie gebucht. Leicht wird es für die die 24-Jährige in München nicht, die 3.000m Hindernis sind sehr stark besetzt, nach einem mehrwöchigen Trainingsaufenthalt in St.Moritz ist aber eine neuerliche Steigerung der PB durchaus denkbar.

„Die Saison ist bisher mehr als zufriedenstellend verlaufen. Begonnen hat es mit dem Solorennen bei den Staatsmeisterschaften, wo ich schon knapp an die 10 Minuten herangelaufen bin. Das hat meinem Selbstvertrauen einen großen Schub gegeben. Auch die weiteren Rennen waren besser als ich mir vor der Saison erhofft hatte. Die Bedingungen jetzt in der Schweiz waren optimal, weil es nicht so heiß war und ich tolle Trainingspartner hatte. Die Motivation ist riesig, die Vorbereitung ist fast abgeschlossen und ich freue mich schon auf meinen Start bei der EM. Dort will ich mich von meiner besten Seite zeigen und erhoffe mir eine neue PB. Ich bin sicher, dass ich für mich im Vorlauf ein gutes Rennen finden kann und es möglich ist, vielleicht komme ich ja sogar in die Nähe des österreichischen Rekordes. Ich bin stolz erstmals in der allgemeinen Klasse bei einer EM starten zu dürfen und freue mich schon die Stimmung auf einer der großen Bühnen aufsaugen zu dürfen.“

(C) ÖLV

Andreas Vojta (Geb.dat. 09.06.1989) – 10.000m PB/SB 28:06,88min

Der Niederösterreicher ist der „Senior“ im Team, für ihn ist es bereits die sechste EM-Teilnahme. Waren es erst vier Mal die 1.500m und in Berlin 2018 dann die 5.000m, so wird der 33-Jährige jetzt erstmals über die 10.000m bei einem internationalen Großereignis an den Start gehen. Hatte der Gerasdorfer im Frühjahr zwischendurch schon einmal einen ernsthaften Versuch auf der Halbmarathon-Distanz unternommen und auch den Vienna City Marathon eher „zufällig“ als Pacemaker gefinisht, so konzentrierte er sich danach wieder auf die Bahn. Beim 10.000m-Europacup im Mai gelang dann mit neuer PB die direkte Qualifikation für die EM. In der bayrischen Hauptstadt wird er, bei seinem voraussichtlichen letzten Bahnrennen bei einer großen Meisterschaft, ohne Vorläufe gleich im Finale antreten.

„Heuer habe ich sehr umfanglastig begonnen und mich vom Halbmarathon zur Bahnsaison runtergearbeitet. Es waren auch nur sehr wenige Wettkämpfe diesmal, aber die sind alle von 5.000m bis Halbmarathon mit mehreren PB´s sehr gut gelaufen. Ich konnte jetzt 3,5 Wochen in St.Moritz sehr gut trainieren, nun wird daheim am Feinschliff gearbeitet. Es ist ein sehr kompaktes und hinter den paar Favoriten sehr ausgeglichen Feld in München. Ich erwarte kein unglaublich schnelles Rennen, ich fühle mich in Form für eine 27er-Zeit. Da es im Moment auch hinten raus gut geht sollte das, wenn ich zu Beginn des Rennens klug und energiesparend laufe, möglich sein. Vielleicht kann ich so auch ein paar Läufer mit besserer PB hinter mir lassen und es in die vordere Hälfte der Ergebnisliste schaffen.“

(C) ÖLV

Lukas Weißhaidinger (Geb.dat. 20.02.1992) – Diskuswurf PB/SB 69,11m

Österreichs bester Leichtathlet der letzten Jahre hat bei seiner bislang einzigen EM-Teilnahme in Berlin 2018 gleich richtig abgeliefert und mit Bronze die Serie seiner internationalen Medaillengewinne gestartet. Auch heuer gab es, wie fast jedes Jahr, eine Leistungssteigerung. Die drückt sich aber nicht nur im neuen ÖLV-Rekord von derzeit 69,11m aus, besonders die Konstanz auf höchstem Niveau mit vielen sehr weiten Würfen bei guten wie schwierigen Wetterbedingungen ist beeindruckend. In der Diamond-League war der Oberösterreicher heuer so stark wie noch nie, und auch wenn die WM nicht nach Wunsch verlief, so fährt er jedenfalls optimal vorbereitet nach München. Das Niveau bei der EM ist so hoch wie noch nie, die Top-5 der WM sind auch dort wieder mit dabei und die aktuell geworfenen Weiten mit drei 70m- und drei 69m-Werfern sind enorm. Erst zwei Mal in der Geschichte des Diskuswerfens war das Niveau insgesamt höher, 1983 gab es sogar 7 Athleten die den 2kg-Diskus über 70m schleuderten und 1984 waren es fünf.

„Für mich sind die WM und die EM gleich viel wert, weil ja fast dieselben Athleten am Start stehen. Ich komme nach Platz 10 bei der WM praktisch als siebenter Europäer nach München und will das Feld diesmal von hinten aufrollen, sicher auch einmal eine spannende Situation. Wir werden die Sache sicher anders angehen als in Eugene, aber von den Weiten, die ich draufhabe, hat sich ja in den letzten Wochen nichts geändert, ich fühle mich sehr gut und freue mich auf München. Dort gilt es aber wie immer erst einmal die Qualifikation zu überstehen.

Besonders schön ist, dass die EM so nahe bei meinem Heimatort Taufkirchen ist, da werden sehr viele Leute zuschauen kommen, vor allem den Fan-Bus finde ich cool. Der letzte Wettkampf in Andorf war bei nicht einfachen Bedingungen sehr gut, obwohl wir zuvor hart trainiert hatten. Die Weiten und die ganze Serie waren top, obwohl die Beine noch nicht ganz so spritzig waren. Ein paar Zentimeter kann ich in der letzten Trainingswoche sicher noch dazu gewinnen. Ich bin sehr fokussiert auf die EM und mit der Unterstützung von daheim möchte ich es dort ein wenig besser machen als bei der WM, dann wäre ich schon zufrieden.“

(C) ÖLV

Die EM im Internet  

European Championships  

European Athletics Munich 2022  

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ÖLV-Flickr-Album   (Bilder honorarfrei verwendbar bei Nennung © ÖLV / Giancarlo Colombo)

Fotos: © ÖLV

13/08/22 16:36, Text: Georg Franschitz

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