Wann und wie bis du erstmals mit dem Laufsport in Berührung gekommen?
Im Gymnasium hatten wir eine „Hausrunde“, die wir im Sportunterricht immer wieder gelaufen sind. Ich habe schon damals gemerkt, dass es mir Spaß macht, wenn ich einfach mein Tempo laufen darf. Außerdem habe ich damals schon alle Klassenkollegen weit hinter mir gelassen, obwohl ich damals noch gar kein Lauftraining hatte. Da lag dann die Vermutung nahe, dass ein gewisses Talent vorhanden sein dürfte. Mit ca. 13 Jahren bin ich mit meinem Vater dann erstmals zu einem Verein in Wien gegangen, um das Laufen einmal in einem richtigen Team auszuüben. Seit damals bin ich dann dem Laufsport sozusagen treu geblieben und bis heute im Sport!
Wann konntest du deinen ersten Sieg bei einem Laufbewerb feiern?
Mein erster Sieg war sicherlich bei irgendeinem Volkslauf, daran kann ich mich aber gar nicht mehr wirklich erinnern. Etwas, das mir allerdings für immer in Erinnerung bleiben wird, sind meine ersten Staatsmeisterschaften. Damals, 2002, war ich erst kurze Zeit bei meinem ersten Verein und durfte dann schon bei den Crosslauf-Meisterschaften in Enns (im Nachwuchs) starten. Ohne große Vorerfahrung lief ich ein unbekümmertes Rennen und konnte mir gleich die Silbermedaille (hinter Raphael Pallitsch) sichern. Da habe ich mir gesagt: „Eigentlich bin ich jetzt bis auf eine Person schneller als alle anderen Österreicher in meinem Alter“. Das hat mich damals sehr motiviert und auch in durchschnittlichen Jahren während meiner Jugendzeit weiter trainieren lassen.
Wann hast du gemerkt, dass es für den Leistungssport und den Profibereich reichen könnte?
Der wohl wichtigste Schritt war der (damals überraschende) 1500-m-Titel 2009. Das war mein erster Sieg in der allgemeinen Klasse. Zusätzlich habe ich mir dieses Jahr nach diesem Sieg noch ein internationales Rennen in Belgien organisiert und konnte damals meine 1500-m Bestzeit deutlich auf 3:47 Minuten verbessern. Da war dann sowohl mein Ehrgeiz geweckt, als auch die Erkenntnis da, dass ich brauchbare Zeiten laufen konnte. Ab diesem Zeitpunkt begann ich zielgerichteter und leistungsorientierter zu trainieren und konnte dann in jedem der Folgejahre schöne Steigerungen einfahren, die mich 2012 dann bis zu den Olympischen Spielen in London geführt haben.
Hast du es jemals bereut, dass du diesen Schritt gegangen bist?
Nein, mir hat das Laufen zum Glück immer Spaß gemacht und ich hatte sicherlich auch in den entscheidenden Jahren das Glück auf meiner Seite. Ich hatte konstante Leistungssteigerungen und nie mit einer wirklichen Verletzung zu kämpfen – denn sowas wäre mental sicher herausfordernd gewesen in meinen Anfangsjahren. Ich durfte dank des Laufsports viele Dinge erleben, die der größte Teil der Menschen nie erleben wird und weiß dieses Privileg sehr zu schätzen. Und schließlich muss man den Profi-Laufsport ausüben, solange man noch im entsprechenden Alter ist. Weitere berufliche Wege kann ich mit 35 oder 40 auch einschlagen, aber für den Leistungssport gibt es nunmal ein zeitlich begrenztes Fenster.
Würdest du heute einem jungen Athleten empfehlen, dem Laufsport alles unterzuordnen? Hast du dem Laufsport alles untergeordnet?
Ich würde von mir selbst eigentlich gar nicht behaupten, dass ich jemals „All-In“ mit dem Laufsport gegangen bin. Ich habe auch neben dem Laufsport meine Interessen und daher auch andere Dinge regelmäßig im Fokus gehabt. Das heißt nicht, dass ich nicht alles getan habe um meine beste Leistung abzurufen und auch nicht, dass ich leichtfertig etwas hergeschenkt habe. Der Laufsport ist eigentlich eine recht dankbare Profession, da sich der zeitliche Aufwand in Grenzen hält und man so auch Zeit für andere Dinge hat. Gerade mental ist es für mich wichtig, nicht jede Sekunde des Tages ans Laufen zu denken, sondern auch andere Interessen zu verfolgen. Diese Kombination hilft mir persönlich mehr als einen reinen Tunnelblick auf den Sport zu haben und ihm alles unterzuordnen.
Als Nachwuchsläufer ist es heute natürlich nicht einfacher geworden. Jedem muss klar sein, dass das Laufen deine Passion sein muss. Denn viel Geld und Ruhm kannst du dir davon nicht erwarten. Das wären aber sowieso die falschen Antriebe, um jemals richtig gut zu werden. Wenn das Laufen „dein Ding“ ist, dann weißt du das selbst sowieso am besten und dann würde ich auch jedem empfehlen, diesen Traum zu verfolgen. Er ermöglicht dir, wie bereits beschrieben, Erfahrungen, die du dir auch als Multimillionär nie kaufen können wirst. Natürlich heißt das nicht, dass du alles links liegen lässt. Es ist extrem wichtig, sich schon früh Gedanken über seinen weiteren Weg und seine Zukunft zu machen. Denn irgendwann ist der Profisport natürlich vorbei, aber das Leben geht weiter. Und nur mit einigen Staatsmeister-Medaillen im Regal kannst du nicht deinen Lebensunterhalt finanzieren. Aber, und das ist das Entscheidene, bis dahin würde ich, wenn du bereit bist alles für das Laufen zu geben, den Sport in den Mittelpunkt stellen. Denn dann wirst du die beste Zeit deines Lebens haben und unbezahlbare Erfahrungen für deine Zukunft mitnehmen.
Auf was ich hinaus will ist, dass die Entlohnung und die Wertschätzung ja ziemlich gering ist. Wie hast du dich die ganzen Jahre finanziert?
Wie bereits oben erwähnt wird man Läufer, weil einem der Sport Spaß macht und einfach den „Läuferspirit“ besitzt. Der Kampf gegen sich selbst, das Ziel sich immer weiter zu verbessern und das Glücksgefühl nach einem guten Rennen, das sind die Dinge warum man den Sport ausübt. Finanziell darf man froh sein, wenn man über die Runden kommt und die mediale Aufmerksamkeit entspricht bei weitem nicht den erbrachten Höchstleistungen der Athleten.
In Österreich ist der Heeressport wohl der wichtigste Baustein für viele Profisportler. Man bekommt sein fixes Gehalt (das für viele vermutlich immer noch recht gering erscheint) und kann sich dadurch zumindest mal auf den Sport konzentrieren. Auch ich war viele Jahre beim Heer und hatte somit mal eine Grundabsicherung. Daneben habe ich zum Glück einige treue Sponsoren, die auch für finanzielle Unterstützung sorgen. Das wird allerdings immer schwerer. In den letzten Jahren entwickelt es sich dahin, dass wenige prominente Athleten richtig viel bekommen und die restlichen in „kleineren“ Sportarten um ein paar 1.000€ im Jahr betteln müssen. Als komplett selbstständiger Sportler ist es daher sehr schwer. Letztens habe ich die Höhe der Mindestsicherung in Österreich nachgeschaut, da wurde ich zugegeben schon ein wenig neidisch!
Kommen wir zu deinen sportlichen Erfolgen! Was waren deine bisher größten Erfolge?
Sportlich gesehen sicherlich meine zwei Medaillen bei Universiaden (2013 über 800 m und 2017 über 5000 m) und meine zwei 10. Plätze bei Europameisterschaften (2012 über 1500 m und 2017 über 3000 m indoor). Abgesehen davon bin ich natürlich über meine drei österr. Rekorde sehr stolz (1000 m, 1000 m indoor und 5 km).
Und deine favorisierten Bestzeiten?
Ich denke meine objektiv stärksten Zeiten sind die 3:36,11 Minuten über 1500 m aber auch meine 3:53,95 Minuten über die Meile. In Anbetracht meiner Ausdauerlastigkeit sind sicherlich auch die 1:46,59 Minuten über die 800 m hoch einzuschätzen. Ich hoffe aber, dass in Kürze ein paar 5000-m-Zeiten unter 13:20 Minuten noch zu dieser Kategorie hinzukommen!
2012 durftest du in London bei deinen bisher einzigen Olympischen Spielen teilnehmen. Wie bleibt dir die Zeit in London in Erinnerung?
Als einzigartiges Erlebnis, das mich für immer prägen wird. Gemeinsam mit vielen anderen Sportarten und TopathletInnen zum Zentrum der globalen Aufmerksamkeit im Sport zu werden ist einfach eine unbezahlbare Erfahrung. Allein die Dimensionen eines Olympiadorfes sind eine einzigartige Sache für einen Sportler. Und dann natürlich die pompöse Eröffnungs- bzw. Schlussfeier sowie der Wettkampf vor 80.000 Zuschauern. Neben all dem gilt es natürlich trotzdem den Fokus auf das Wesentliche, nämlich dem Wettkampf, zu wahren. Das habe ich sicher nicht 100%-ig geschafft und mit meinem sportlichen Abschneiden und dem Ausscheiden im Vorlauf bin ich natürlich nicht zufrieden. Das war für mich aber nur umso mehr Motivation mich auch weitere Male für Olympische Spiele zu qualifizieren und es dann besser zu machen!
Wie sieht bei dir eine intensive Woche aus?
Eine volle Trainingswoche besteht bei mir je nach Saisonphase aus neun bis 12 Trainingseinheiten, in denen insgesamt ca. 100 bis 150 Kilometer zurückgelegt werden. Ich habe maximal zwei härtere Trainings pro Woche, der Rest sind Großteils ruhige und teilweise mittlere Dauerläufe. Viele denken bei Profisport und Leistungserbringung leider immer nur an harte Workouts, 75% oder mehr meines Trainingsplanes ist aber einfach ruhiges Laufen. Zusätzlich zum Laufen mache ich ca. zwei Krafttrainings, womit ich vor allem die Kräftigung und Stabilisation verbessern will. Gewichte nehme ich nur sehr selten in die Hand.
Welche großen sportlichen Ziele hast du noch?
Das nächste, ganz große Ziel sind natürlich die Olympischen Spiele dieses Jahr in Tokio. Nach einem starken Vorjahr mit einigen Bestzeiten wird die Qualifikation zwar dennoch eine große Herausforderung, ist aber auf jeden Fall realistisch.
Nach den Olympischen Spielen werde ich mir dann genaue Gedanken machen, wohin ich mich in Zukunft bewegen möchte. Wie bei den meisten Läufern wird es wohl auch mich früher oder später auf die Straße verschlagen, wo ich mich irgendwann natürlich auch am Marathon versuchen will. Nach über 10 Jahren als Profisportler in der Bahnleichtathletik fühlt sich das ganze schon jetzt sehr aufregend an und gibt mir sicherlich auch mental die Herausforderung, die ich brauche, um in Zukunft hochmotiviert für das Training und Wettkämpfe zu bleiben!
Welche Pläne hast du für die Zeit danach?
Ich müsste lügen wenn ich sage, dass ich genau weiß, was nach meiner Karriere als aktiver Sportler kommt. Ich habe im letzten Jahrzehnt gelernt, selbst die Verantwortung für meine berufliche Laufbahn zu tragen, daher werde ich auch nach dem Profisport selbstständig bzw. unternehmerisch tätig sein. Acht Stunden im Büro zu sitzen und Aufgaben eines Vorgesetzten abzuarbeiten ist keine Option für mich. Ich will auch in Zukunft mein Wissen, meine Erfahrungen und meine Authentizität als Profisportler nutzen, um Leuten aus diesem Bereich damit weiterzuhelfen. Ich habe neben diesen Erfahrungen in meiner aktiven Karriere zum Glück auch bereits viele Kontakte knüpfen dürfen, daher werden sich auch nach der aktiven Karriere Möglichkeiten bieten, dem Sport erhalten zu bleiben.
Hast du parallel zur Laufkarriere noch eine andere Ausbildung absolviert?
Ich habe letztes Jahr meinen MBA in „Business Administration & Sport“ abgeschlossen. Zusätzlich arbeite ich gerade an meiner Bachelorarbeit an der WU Wien (wo ich bereits seit über zehn Jahren „studiere“, aber noch nicht die Motivation gefunden habe, meine Arbeit fertig zu stellen). Viel wichtiger als diese formalen Ausbildungen sind aber alle Dinge, die ich in der Zeit als Sportler lernen und mitnehmen durfte. Wenn du selbstständig bist interessiert es niemanden, welche Titel vor (oder nach) deinem Namen stehen, sondern was du in der Praxis tatsächlich für einen Mehrwert für andere Menschen generierst. Und genau das wird auch mein Ziel sein, wenn meine Profilaufbahn einmal vorüber ist.
Einen Youtube-Channel hast du ebenfalls. Was erwartet deine Fans dort?
Ich habe Ende des letzten Jahres begonnen, meinen YouTube-Kanal mehr zu forcieren, da ich dort meiner Meinung nach den größten Mehrwert stiften kann. Instagram z.B. liefert de facto rein visuellen Content, da habe ich nicht viel anzubieten. Auf YouTube kann ich allerdings meine Erfahrungen und Eindrücke als Profisportler weitergeben. Und das interessiert anscheinend immer mehr Leute und auch wenn der Account selbst noch recht klein ist, so wächst er zuletzt sehr erfreulich. Für mich ist es einfach eine tolle Möglichkeit, um den Leuten einzigartigen Content zu bieten und im Gegenzug eine schöne Reichweite in einer relevanten Zielgruppe zu schaffen.
Inhaltlich findet man von A-Z eigentlich alles, was einen als begeisterten Läufer interessieren könnte. Ich zeige z.B. meine eigenen Workouts und wie man diese an sein aktuelles Leistungslevel anpassen kann. Ich gebe exklusive Einblicke, wie es etwa hinter den Kulissen von Europameisterschaften oder großen Meetings aussieht. Und zusätzlich dazu findet man dann immer wieder Tipps und Tricks bzw. kurze Berichte zu diversen Laufthemen. Was allerdings am meisten Mehrwert bringt und auch mir als Ersteller der Inhalte am meisten hilft ist, wenn Zuschauer in den Kommentaren einfach ihre Fragen zum Laufsport stellen und ich bei entsprechendem Interesse dann auch ein eigenes Video mit meinem Wissen und meinen Erfahrungen dazu mache!
Interview: Mario Friedl/Heldendeslaufsports.at