48.000 Zuschauer/innen waren gekommen, um beim Sportpressefest im Wiener Praterstadion das Fußball-EM-Qualifikationsspiel Österreich gegen Schweden zu sehen. Sie waren aber auch gekommen, um wenige Minuten vor dem Anpiff das Hochsprung-Wunder durch die damals 23-jährige Ilona Gusenbauer zu bejubeln, die gleich im ersten Versuch mit ihrer Wälzertechnik Sportgeschichte schrieb.
Von Wien nach Berlin
"Gleich nach dem Wettkampf wurden wir mit einer Polizei-Eskorte zum Flughafen gebracht und flogen nach Berlin, wo gerade die Funkausstellung stattfand", berichtet Roland Gusenbauer mit voller Begeisterung, wie wenn es erst gestern gewesen wäre. Dort wurde die neue Weltrekordhalterin wenige Stunden nach ihrem Wettkampf in einer großen Fernseh-Show von Prof. Kurt Jeschko, einer österreichischen ORF-Sportreporter-Legende interviewt. Im Studio war eine 1,92-m-hohe Mauer aufgebaut, um dem Publikum die Höhe zu veranschaulichen. Die Reise war bereits im Vorfeld vom ORF für den Falle des Weltrekords geplant worden, nachdem Gusenbauer rund drei Wochen zuvor mit 1,87 m in Helsinki Europameisterin wurde und sich in ausgezeichneter Form befand.
In der Sendung "Damals - Unsere Zeitgeschichte", die auf Youtube verfügbar ist, schildert Leichtathletik-Journalist Olaf Brockmann, der beim Weltrekord am 4.9.1971 vor Ort war, sehr ausführlich den Ablauf und all die Emotionen des Weltrekord-Wettkampfs.
Weltsportlerin des Jahres 1971
Die internationale Bedeutung dieses Weltrekordsprungs wird auch damit unterstrichen, dass Ilona Gusenbauer zur Weltsportlerin des Jahres 1971 gewählt wurde. Beim Vorgänger des heutigen Laureus World Sports Awards wurde alljährlich weltweit nur eine einzige Sportpersönlichkeit aus allen Sportarten geehrt. Und das war 1971 die Österreicherin Ilona Gusenbauer.
Die heute 73-Jährige gewann bei den Olympischen Spielen in München 1972, übrigens auch am 4. September, mit 1,88 m die Bronzemedaille. Der Sieg ging damals an die erst 16-jährige Ulrike Meyfarth (BRD), die Gusenbauers Weltrekord von 1,92 m im Olympia-Finale mit der damals neuen Flop-Technik egalisierte. Am 24. September 1972 wurde dann der Hochsprung-Weltrekord von Jordanka Blagoewa (BUL) auf 1,94 m verbessert. Die aktuelle Bestmarke steht bei 2,09 m und stammt aus dem Jahr 1987 von Stefka Kostadinowa (BUL).
Die Malerei als große Leidenschaft
Ilona Gusenbauer war und ist auch eine hervorragende Künstlerin, insbesondere die Malerei war schon immer eine große Leidenschaft von ihr. Erst kürzlich gestaltete sie das Cover zum Buch "21 Kugeln im Paradies" ihres Sohnes Christian "Gigi" Gusenbauer, welches seit wenigen Tagen im Handel erhältlich ist. Gusenbauer war nach Belize ausgewandert, lebte mit seinem Hund Mali auf seiner eigenen Trauminsel quasi wie im Paradies, wurde dann aber Opfer eines Gewaltverbrechens. Eine spannende Geschichte, die interessante Einblicke in die Natur, die Lebensweise und das Geschehen in diesem kleinen mittelamerikanischen Land gibt. U.a. bei Thalia und Co. erhältlich.
TV-Tipp: 50 Jahre Hochsprung-Weltrekord heute in ORF Sport plus
Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Hochsprung-Weltrekords von Ilona Gusenbauer (1,92 m am 4. September 1971 im Praterstadion) zeigt der ORF in Spartenkanal ORF Sport plus heute, Samstag, um 19:20 Uhr eine 20-minütige Dokumentation darüber. Bereits um 19:00 Uhr gibt's eine Zusammenfassung von den Mehrkampf-Staatsmeisterschaften aus Amstetten vom letzten Wochenende.
Foto (C) Privat