War es für dich klar, wenn es für Tokio nicht reichen sollte, dass deine Zeit als Profiläufer vorbei ist?
Valentin Pfeil: Ich möchte die Meldung der letzten Wochen doch etwas relativieren! Ja es stimmt, ich werde was den Marathonsport betrifft, kürzer treten. Von einem Karriereende will ich allerdings noch nicht sprechen. Als Marathonläufer hast du nicht so viele Chancen, um Geld zu verdienen und das war mit Corona sehr schwierig . Natürlich betreibt man den ganzen Aufwand nicht wegen Geld – von der Leichtathletik wird in Österreich keiner reich, aber nach meinem Olympia-Aus sowie mein Ende als Heeressportler, bleibt mir nur noch die Kaderförderung. Ich muss aber auch klar festhalten, dass Geld nie mein Antrieb war! Vielleicht wird der Laufsport bei mir nochmal so einen Stellenwert bekommen wie in den letzten drei Jahren. Aktuell haben andere Dinge Priorität.
Wie geht es jetzt weiter?
Ich möchte mir alle Optionen offen halten! Grundsätzlich ist mir ein aktiver Lebensstil wichtig. Natürlich habe ich jetzt noch eine gute Form und möchte diese auch nutzen und schauen was möglich ist. Vor kurzem war ich bei den OÖ-Landesmeisterschaften über 5000 m am Start. Das harte Training macht mir nach wie vor Spaß, ein Marathontraining ist allerdings eine andere Nummer. Es muss aber nicht immer laufen sein: Vor kurzem habe ich mein erstes Radrennen absolviert. Laufen hat natürlich den riesen Vorteil, dass man mit wenig Zeitaufwand viel bewirkt.
Wo fanden deine letzten Rennen statt, bei denen du versucht hast, das Limit zu knacken?
Im Frühjahr 2020 wurden alle Wettkämpfe abgesagt, da habe ich die Zeit genutzt und mich an den Fersen operieren lassen. Die macht mir schon länger Probleme, danach konnte ich wieder gut trainieren. Im Dezember wollte ich im spanischen Valencia laufen und fühlte ich mich zu diesem Zeitpunkt in Topform. Leider durfte ich aufgrund eines falsch positiven Coronatests nicht starten. Eine Woche später versuchte ich mein Glück bei den österreichischen Marathon-Staatsmeisterschaften in Wien. Leider habe ich die Valencia-Geschichte nicht so gut verarbeiten können und so wurde es auch dort nichts. In Dresden, bei meinem nächsten Anlauf im Frühjahr diesen Jahres, war es kalt und windig und ich stürzte. In Siena beendete ich nach 30 Kilometer das Rennen, um es dann nochmal in der Steiermark zu versuchen. Normal hat ein Marathonläufer ein oder zwei Rennen, um ein Limit zu laufen. Ich habe, da ja keine großen Stadtmarathons stattfanden, eine andere Taktik probiert und bin viele Wettkämpfe mit Risiko gelaufen. Um gute Marathonzeiten zu laufen muss einfach alles passen, das war bei mir eben nicht der Fall.
Spürst du jetzt so etwas wie Befreiung? Der Druck eine Olympia-Norm zu laufen ist doch schon sehr groß, oder nicht?
Der meiste Druck kam von mir selbst! Es war meine letzte Chance, ein Olympionike zu werden. Die Enttäuschung ist groß, dass es nicht geklappt hat, aber es ist so wie es ist.
Wie sah dein dreijähriges Leben als Marathonprofi aus?
2016 bin ich mit dem Studium fertig geworden und bin meinen ersten Marathon gelaufen. 2017 wurde ich Heeressportler. Wenn du Marathon auf so einem Niveau laufen willst, kannst du es dir nicht erlauben, nebenbei etwas anderes zu machen. Darum zählte ich mich während meiner Studienzeit auch nicht als Profi. Jetzt widme ich vorerst meine Zeit meinem Job als Tierarzt.
Gibt es jetzt Dinge, die du in deiner Zeit als Leistungssportler nicht machen konntest, und auf die du dich jetzt freust?
Ich habe nicht das Gefühl, dass ich was verpasst habe. Im Gegenteil, der Sport hat mir viel gegeben. Natürlich gab es Dinge auf die ich verzichten musste. Und wenn in Zukunft wo eine Veranstaltung stattfindet, dann sehe ich das schon etwas gelassener und blicke nicht auf die Uhr.
Blicken wir auf den Beginn deiner Laufbahn zurück: Wann hast du bemerkt, dass Laufen für dich nicht nur ein Hobby bleiben muss?
Als Jugendlicher war es mein Traum Profi zu werden. Ich habe viele Sportarten ausprobiert und das Laufen - hier vor allem die längeren Distanzen - hat mir am meisten gefallen. Am Ende ging mein Traum ging in Erfüllung.
Welche waren deine persönlichen Karrierehighlights?
Ich hatte bis zum Schluss das Gefühl, dass mein bester Lauf noch kommt. Das ist so eine Sache, man schätzt seine eigenen Leistungen leider viel zu wenig und will immer mehr. Mit meinen drei Marathonläufen in Wien bin ich aber schon sehr zufrieden. Dort bin ich mit 2:12:55 Stunden auch meine Bestzeit gelaufen. Bei der WM 2017 in London habe ich gesehen, dass ich mit Platz 23 auch international konkurrenzfähig bin.
Würdest du Nachwuchsathleten empfehlen, den Weg als Profisportler einzuschlagen?
Ich selbst habe nicht alles auf die Karte Sport gesetzt und ein Studium absolviert. So machen das ja auch die meisten Athleten. Man lernt sich und seine Grenzen kennen, es ist oft sehr hart und ohne Leidenschaft geht gar nichts. Wenn man den Sport liebt, ist das aber egal! Ich würde es sofort wieder machen.
Möchtest du dem Laufsport später einmal in einer anderen Form treu bleiben?
Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Da ich sehr gerne Tierarzt bin, habe ich keine Ambitionen im Laufsport zu bleiben. Natürlich gebe ich gerne meine Erfahrungen weiter, aber geplant habe ich dazu nichts.
Text und Interview: Mario Friedl/heldendeslaufsports.at