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Internationale österreichische Meisterschaften der Masters – Innenansichten aus Klagenfurt

Oliver Münzer jubelt (C) Martina Albel

330 Leichtathlet/innen waren nach Klagenfurt gekommen. Die Streuung der Lebensjahre ging von 35 bis 94. 16 Nationen waren vertreten. Auf dem Menüplan stand eine insalata mista mit über 860 Bewerben, da für jede der in Fünfjahres-Sprüngen eingeteilten Konkurrenzen die Besten gekürt wurden. Es war schwer, der unverbrauchten Begeisterung der Masters zu entkommen. Am Samstag war ich dabei.

Schon am Freitag fand das Hammerwerfen der Männer statt. Mit Heimo Viertbauer (M75) und Gottfried Gassenbauer (M60) waren gleich zwei aktuelle Weltmeister mit der Eisenkugel am Stiel dabei. Die beiden World Champions waren auch auf der nationalen Ebene die Meisterwerfer. Gassenbauer erzielte mit 54,04 m die größte Tagesweite. Der US-amerikanische Weltmeister Guy Dirkin (M70) und der Brite John Moreland (M60), ebenfalls Diskuswurf-Weltmeister, gaben dem Bewerb ein internationales Format (Foto: v.l.n.r. Moreland, Gassenbauer, Dirkin).

Am Samstag zählte man Klagenfurt noch zu den Trockengebieten. Die Sonne lachte gnädig vom Himmel. Schon um 9.30 Uhr zieht die erste 1.500-m-Karawane der Klasse M60 bis M100 ihre Stadionrunden. Der Sieger Holger Förster legt es nicht als Tranquilizer-Lauf an und setzt sich vom Start weg an die Spitze. Das Feld spragelt sich hinter ihm auf. Förster gewinnt mit 4:58 min und großem Vorsprung. Imponierend auch Josef Scharf, der mit 7:53 und rundem Schritt die Klasse M80 gewinnt.

Dann gehen die „jungen“ Senioren auf die Mittelstreckendistanz. Hier hat niemand den Status der Konkurrenzlosigkeit. Ein starkes Trio enteilt bald dem Feld. Mit dabei auch Edwin Kemboi vom KLC Klagenfurt, der anfangs unaufdringlich ist, aber am Ende Simon Böck niedersprintet. Die Zeiten liegen im Nanobereich auseinander: 4:22 zu 4:23 min. Dritter in diesem M35-Paket ist Christoph Hell mit 4:37 min. Christian Gartner läuft in der M-50-Klasse burgenländischen Altersrekord. Auch Peter Moysey aus Neuseeland läuft eine persönliche Bestleistung.

Schon nach wenigen Stunden merkt man, dass Betina Germann und Robert Kropiunik vom KLC Klagenfurt feine organisatorische Arbeit geleistet haben. Der Wermutstropfen ist, dass es keine Zeit- und Weitenangaben gibt. Bei den vielen Altersgruppen muss man auch ein guter Datenjongleur sein, um sich mit den Siegerlisten auszukennen, weshalb ich nur in fragmentarischen Bildern berichten kann.

Im Kugelstoßbewerb der Frauen startet mit Veronika Watzek eine ehemalige Spitzenathletin. Sie hat sich in die Gruppe der W35-Athletinnen eingereiht. Bei der Obduktion des Protokolls sieht man, dass sie es noch kann. Vier Mal fliegt die 4-kg-Kugel über 12 Meter. Dann gelingen ihr 13,00 m, womit sie die Goldene in ihrer Altersklasse gewinnt. Eleonore Gutsche (Foto), mit 94 Jahren die älteste Masterin in Klagenfurt, schickte die Kugel auch in einen Parabelflug.



Beim 1.500-m-Lauf der Frauen wärmen sich zwei italienische Läuferinnen gar nicht auf, sondern sprinten los, als gäbe es kein morgen. Hoffentlich haben sie den Kampf mit dem Salz der Milchsäure im Griff. Borgheri Elena (W35) finisht in unglaublichen 4:54 min, Monia Federici (W50) zieht mit 5:13 min durchs Ziel. Stephanie Schrotter (W35) gewinnt die „Österreichwertung“ mit 5:18 min. Dazu stellt Maria Farmer mit 7:22 min in der W65-Klasse einen nationalen Rekord auf.

Einstweilen zieht ein Wolkenschleier über den Wörthersee auf, was ziemlich wurscht ist. Es herrscht gute Stimmung. Die Gemeinschaft der Masters ist eine verschworene. Es scheint, jeder kennt jeden. Auf einer Wand im Leopold-Wagner-Stadion sind Dutzende Fotos von ehemaligen Stars der österreichischen Leichtathletik ausgestellt. Elmar Kunauer, Hans Muchitsch und Karoline Käfer finden sich genauso wie Peter Sternad und Hans Lindner.

Es folgen im Stakkato die 100-m-Bewerbe. Schlag auf Schlag starten Männer und Frauen, Junge und Alte, Schnelle und ganz Schnelle. Ich verliere bald den Überblick. Eine der schnellsten Frauen ist Astrid Kölbl (W35), die heuer auch Mitglied der Nationalmannschaft war. Sie bringt 14,29 Sekunden auf die Bahn. Marianne Maier lebt zwar hinter dem Arlberg, ist aber für die vor dem Arlberg nicht zu bezwingen. Sie startet als W80-Athletin, hätte aber mit ihrer Sprintzeit von 17,83 s auch die W70-Klasse gewonnen. Ingrid Bluch (W50) läuft Kärntner Landesrekord. Marianne Maier sackt dann als flexible Athletin auch noch eine Goldene im Weitsprung ein.

Am Himmel wechselt der Spätsommer in den Frühherbst. Man braucht jetzt einen Pullover. Im Fünfminuten-Takt finden Siegerehrungen statt. Auf dem Podest finden sich viele Role Models für ein sportliches Leben ein. Es ist augenscheinlich, dass die Akteure im Mastersbereich in einer Sport-Life-Balance leben, in der auch Pleasure eine Rolle spielt. Imponierend.

Beim 100-m-Bewerb der Männer startet auch Eduard Gonaus, der Bronzemedaillen-Gewinner der WM in Finnland. Er liefert auch bei diesen Meisterschaften in der M50-Klasse ein geigensattes Happyend und sprintet von links nach rechts in 12,19 Sekunden. Schnellster über die kurze Sprintstrecke wird mit 11,84 Sekunden Andreas Beisl (M40).

Dann der 400-m-Lauf. Eine Stadionrunde im schnellen Lauf zu absolvieren, ist grundsätzlich nichts für Senioren mit Atembeschwerden. Mit dabei ist Oliver Münzer, ein ehemaliger WM-Teilnehmer, der immer wolkenfrei gestimmt ist. Er startet bei den 50-Jährigen. Bald nach dem Start sucht und findet er einen Rhythmus, mit dem er an die Spitze läuft. Am Ende wird er mit großem Abstand Erster. Bei 56,18 Sekunden bleibt die Uhr stehen. Auch in den anderen Läufen kommt keine mondtrübe Langeweile auf. Michael Gstöttner läuft mit 62,44 Sekunden die schnellste Stadionrunde bei den M40. Das ist seine persönliche Bestleistung. Foto: 400-m-M70-Sieger Valentin Topitschnig vom veranstaltenden Verein KLC.

Ein besonderes Ereignis ist der Hochsprung der Männer. Es wird nicht nur um jeden Zentimeter gekämpft, man sieht vor allem unterschiedliche Sprungtechniken. Vom Tauchwälzer über den Scherensprung bis zum Flop ist alles dabei. Günther Gasper, ein ehemaliger 2,14-m-Springer, gewinnt mit 1,60 m nicht nur seine Altersklasse, sondern wird gemeinsam mit Markus Horvath Tagesbester. Immer wieder bei den Masters-Wettkämpfen dabei ist Hermann Andrecs. Einstweilen 91 Jahre alt, bewältigt er noch immer 0,90 Meter. Man sollte nach ihm nicht nur eine Gasse in St. Paul benennen, sondern auch ein Zimmer im Haus des Sports.

Am Abend findet im Stadion ein Zusammensitzen statt. Anders als die meisten Jugendlichen unterhalten sich die Evergreens und Würdenträger miteinander und nicht mit dem Handy. Es ist gute Stimmung, und man merkt, dass die drei Tage in Klagenfurt freudvolle Tage für die Masters sind. Was an Geschichten von früher und heute erzählt wird, kann man nicht berichten. Aus Platzgründen.

Ergebnisse

Fotos  (Bilder honorarfrei verwendbar bei Nennung © ÖLV / Martina Albel)

Text: Herbert Winkler | Fotos (C) Martina Albel

24/09/22 22:01, Text: Helmut Baudis

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