Die konkrete Fragestellung bei Österreichs stärkster 3000m-Hindernis-Läuferin Lena Millonig ergab sich aus ihrer schweren Knöchelverletzung beim Sturz im Rahmen der Track Night Vienna. Hier kam es neben einem Bänder- und Kapselriss zu einem Bruch des fünften Mittelfußknochens - eine geradezu klassische Folge bei einem Supinationstrauma („Überknöcheln“).
Im Gegensatz zu einer rein vorbeugend gedachten Laufanalyse lag daher der Schwerpunkt vor allem in der Vorbesprechung mit den Befunden, der Fußuntersuchung und der messtechnischen Ganganalyse. Bei Verletzungen kommt es immer zu einer Verschlechterung der Sensomotorik des betroffenen Körperteils und im Falle des Sprunggelenks führt das wiederum zu einer deutlich größeren Wahrscheinlichkeit, dass derselbe Verletzungsmechanimus sich wiederholt. Daher muss zunächst das normale Gangbild wiedererlernt werden – manchmal passiert das nach Abklingen der Schmerzen von selbst, manchmal muss aktiv daran gearbeitet werden. Daher ist eine Überprüfung durch eine Messung wie die des plantaren Drucks in der Bewegung so wichtig. Im konkreten Fall gab es aber keinerlei Probleme und die korrekte Ansteuerung der Fußstabilisatoren muss nur mehr unter extremeren Bedingungen geschult werden (Reflexe auf wackeligem Untergrund). Begleitend im Trainingsaufbau sollten durch die ansteigende Belastung auftretende Triggerpunkte in der Muskulatur von einem Physiotherapeuten ausbehandelt werden.
Die Wahl des richtigen Schuhs
Hinsichtlich Schuhwahl müssen auch die unterschiedlichen Einsatzzwecke unterschieden werden – geht es zunächst vor allem um die Schonung der nach und nach verheilenden Bruchstelle, soll später wieder die volle Fußkraft auftrainiert werden und dafür ist generell ein eher minimalistischer Schuh von großer Bedeutung. Hobbysportler, die nicht in Spikes auf der Bahn trainieren, sollten immer wieder gezielt kurze Strecken gänzlich barfuß oder sukzessive ansteigende Distanzen mit minimalistischen Schuhen laufen, um den Fuß nicht in weichen Dämpfungsschuhen regelrecht verkümmern zu lassen.
Generell wird aber die Bedeutung des Laufschuhs stark über- und die Wichtigkeit eines guten Laufstils stark unterschätzt. Man denkt, man könne laufen, aber selbst im Spitzensportbereich finden sich immer wieder Läufer, die noch größere Reserven diesbezüglich hätten. Lauftechnik ist viel mehr als die Frage „Vorfuß- oder Fersenlauf?“
Messtechnik an sich ist ein gutes Mittel, um den Status quo abzubilden, man darf die Ergebnisse allerdings nicht als unabänderlich ansehen. Es wäre ein Fehler, zu sagen, dass jemand, der (vielleicht sogar nur am Laufband) mit einem etwas instabileren Rückfuß läuft, sein Leben lang nur gestützte Schuhe tragen sollte. Lernt der Läufer, die Beinachse korrekt zu stabilisieren, kann gerade das gezielte Weglassen von Stützwirkung beginnend bei kurzen Läufen zu einem großen Trainingseffekt für die Stabilität führen. Das würde bei einem passiven Ansatz über Schuh oder Einlagen nicht funktionieren, weil man sich hier üblicherweise einfach nur „bequem drauflehnt“ ohne etwas zu verbessern.
Einlagen, die Lena aufgrund ihres überbeweglichen Vorfußes beim Laufen trägt, haben wir so angepasst, dass der Dämpfungsmechanismus des Fußes weniger beeinträchtigt wird und auf Dauer vor allem der Kniegelenksknorpel weniger harten Stößen ausgesetzt ist.
Die Lauftechnik
Bei der Lauftechnik selbst muss man neben den individuellen Voraussetzungen des Läufers (Größe und Hebelverhältnisse – nicht beeinflussbar, Beweglichkeit, Stabilität und Kraft – in gewissem Maße beeinflussbar) auch die Zielsetzung beachten. Ein Sprinter benötigt eine andere Technik als ein Marathonläufer.
Oft werden Bewegungsmuster, die beim sehr schnellen Laufen bis Sprinten ökonomisch sind (viel Knie- und Fersenhub, lange Schritte, starker Armeinsatz) unter anderem beim Lauf-ABC eingeübt und auf den Langstreckenläufer übertragen. Das führt oft zu einem harten Impact beim Fußauftritt und viel Verschleiß. Hier lohnt es, deutlicher zwischen den Zielsetzungen zu unterscheiden, um lange gesund laufen zu können.
Manche Bewegungsmuster lassen sich direkt beim praktischen Laufteil verbessern, manches ist mehr Aufgabe eines Physiotherapeuten oder lässt sich im Krafttraining besser beeinflussen. Hier muss man sich die entsprechenden Möglichkeiten des Sportlers ansehen und gegebenenfalls mit den anderen Betreuungspersonen Rücksprache halten, um alle Puzzlesteinchen gut abzudecken und den Sportler – unabhängig vom Leistungslevel - rundum professionell betreuen zu können.
Darüber hinaus kann natürlich auch über das eine oder andere Detail abseits der Bewegungsanalyse geplaudert werden – in vielen Jahren Leistungssport sammeln sich Erfahrungen zu üblichen „Stolpersteinen“ für Läufer – sei es die Suche nach häufigen Mangelzuständen mittels Blutbild, das richtige Aufwärmen oder Tipps zur Trainingsgestaltung.
Text: Sandrina Illes