Nachdem Kevin Kamenschak (ATVS Linz LA) im vergangenen Wettkampfjahr ein großartiger Leistungssprung gelungen ist, der mit der Finalteilnahme bei der Junioren-WM über 1.500m in Cali seinen Höhepunkt produziert hat, geht der 18-jährige Oberösterreicher das neue Wettkampfjahr mit frischer Motivation und auf einem neuen Leistungslevel an. Der erste Höhepunkt fällt mit den Crosslauf-Europameisterschaften noch ins alte Kalenderjahr, wo Kamenschak in der Altersklasse U20 an den Start gehen wird.
Attraktives Bewerbsumfeld für die starken heimischen Junioren
Die Favoritenrolle für den Österreichischen Meistertitel bei den Junioren liegt auf seinen Schultern. Doch weil die Entscheidungen in den Altersklassen U20 und U23 mit jener um den Österreichischen Meistertitel der Allgemeinen Klasse auf der Kurzstrecke zusammenfällt, ergibt sich Raum für höhere Ziele. „Die Konkurrenz ist dadurch stark, es kann sich ein schnelles Rennen entwickeln und wenn nicht, dann will ich dafür sorgen, dass schnell gelaufen wird. Mein Ziel ist es, Sieger in der Allgemeinen Klasse zu werden“, gibt sich der Linzer selbstbewusst. In Bestform wird er in Lorüns freilich nicht an den Start gehen. Im Herbst hat er seinen Dienst beim Bundesheer absolviert, seit einer Woche ist erst wieder voll im Training. „Der Körper hat gut auf die Belastung reagiert, aber natürlich werde ich am Sonntag einige intensive Einheiten dieser Woche spüren“, erwartet er. „Für diese Umstände habe ich aber ein gutes Gefühl und freue mich darauf, dieses Wettkampfleiden wieder zu erfahren.“
Crosslauf-Comeback von Pallitsch
In der Allgemeinen Klasse ist Raphael Pallitsch (SVS Leichtathletik) der wahrscheinliche Gegenspieler für Kamenschak um den Titel. Der Burgenländer hat im vergangenen Jahr wieder Schwung aufgenommen und nach einer starken Saison im 1.500m-Lauf sogar leise Hoffnungen auf den Olympia-Traum Paris 2024 geäußert. Mit dem Crosslauf begibt er sich nun auf ein neues Terrain. Um vordere Platzierungen werden voraussichtlich auch Nikolaus Franzmair (TGW Zehnkampf Union) und Tobias Rattinger (LAC Amateure Steyr) mitlaufen können.
Bezecny fordert Kamenschak zum Junioren-Duell
Aus der Altersklasse U20 heraus fordern neben Kamenschak auch Emil Bezecny (Leichtathletik Akademie Eisenstadt), zuletzt mit etlichen guten Wettkampfeinsätzen im Straßen- und Crosslauf, und Timo Hinterndorfer (DSG Wien) die Ambitioniertesten in der Allgemeinen Klasse. Stärkster in der Altersklasse U23 ist Bernhard Neumann (DSG Wien). Diese Mischung macht diesen Bewerb mit Startschuss um 12:45 Uhr aus diversen Perspektiven interessant. Gelaufen werden 3.660 Meter, eine Distanz, die Kamenschak und Bezecny entgegenkommen dürfte.
Frey geht auf ersten Crosslauf-Titel los
Um den Staatsmeistertitel geht es bei den Männern auf der Langdistanz über 9.775 Meter, dem letzten Bewerb des Tages mit Startschuss um 14 Uhr. Gute Chancen auf seinen zweiten in der Allgemeinen Klasse nach jenem im 10.000m-Lauf im Mai hat Sebastian Frey, der seinen Fokus klar auf Platz eins geschärft hat: „Mein Hauptziel ist es zu gewinnen, mein zweites Ziel, ein gutes Rennen zu absolvieren.“ Der 20-Jährige ist auf ein technisch schwieriges Rennen eingestellt und reist bereits am heutigen Freitag nach Vorarlberg, um etwaigen Unsicherheiten aus dem Weg zu gehen. „Eine genaue Streckenbesichtigung ist beim Crosslauf wichtig, weil keine Crosslaufstrecke der nächsten gleicht. Ich will mir heikle Kurven und Übergänge einprägen, um mit einem guten Gefühl und Vorwissen ins Rennen zu gehen“, erklärt er.
Der Wiener ist ein Crosslauf-Fan: „Diese Disziplin taugt mir voll, weil sie abwechslungsreich ist und immer von situativen taktischen Entscheidungen im Rennen lebt.“ Dass Vorjahressieger Andreas Vojta (team2012.at) die Reise in den Westen nicht antritt, findet Frey persönlich schade – er hätte die attraktive Konkurrenz mit dem erfahrenen Niederösterreicher spannend gefunden. Weil auch die beiden Innerhofer-Zwillinge Manuel, im Vorjahr Silbermedaillengewinner, und Hans Peter (LC Oberpinzgau) kurzfristig abgesagt haben und andere in den letzten Jahren erfolgreiche Crossläufer nach ihrer intensiven Straßenlauf-Saison im Herbst in einer wohlverdienten Wettkampfpause sind, ist der junge Mittelstreckenläufer Marcel Tobler (ULC Riverside Mödling) wohl hinter Frey der zweitstärkste Läufer im Feld.
Vojta plant mit einer Crosslauf-Saison und wird eine Woche später beim international beliebten Warandecross im holländischen Tilburg in die Wintersaison einsteigen, wo es dann auch zum Duell mit Frey kommen wird. Darauf bereitet er sich dieses Wochenende mit spezifischen Trainingseinheiten in Wien vor. Für eine EM-Teilnahme in Turin verlangt der ÖLV von allen dank Leistungen in anderen Laufdisziplinen sportlich Qualifizierten einen aktuellen Leistungsnachweis – entweder bei den Staatsmeisterschaften in Lorüns oder beim Crosslauf in Tilburg.
Comeback von Julia Mayer
Im Rennen der Frauen mit Startschuss um 13:15 Uhr kehrt Julia Mayer nach einer längeren Pause zurück ins Wettkampfgeschehen. Die 29-Jährige hatte nach ihrem Start bei den Europameisterschaften in München länger anhaltende gesundheitliche Probleme, steht aber seit gut sechs Wochen wieder im gewohnten Trainingsrhythmus. Aufgrund der langen Wettkampfpause verspüre sie leichte Nervosität, aber „ich freue mich sehr auf Sonntag, schließlich macht mir der Crosslauf viel Spaß und ist generell ein megagutes Training, auch für noch weiter entfernte Ziele im Sommer 2023. Daher nehme ich die sechs Stunden Anfahrtszeit gerne in Kauf“, erklärt sie. Die Titelverteidigerin und klare Favoritin auf einen neuerlichen Sieg erhofft sich eine sukzessive Steigerung von den Staatsmeisterschaften über den Start in Tilburg am darauffolgenden Wochenende bis hin zu den Europameisterschaften am 11. Dezember. „Es ist wichtig, wieder ins Wettkampfgeschehen reinzukommen, sowohl physisch als auch mental. Daher bin ich aus dem Training heraus am letzten Wochenende auch die Wiener Meisterschaften gelaufen. Am Sonntag ist mein Ziel ein gutes Rennen“, sagt die Wahl-Wienerin. Sie erinnert an die kürzere Vorbereitungszeit im Vergleich zum letzten Jahr. „Gute Fortschritte haben sich nach dem Wiedereinstieg ins Training rasch eingestellt, aber durch die Pause ist viel Fitness verloren gegangen und das erfordert Geduld.“
Enger Kampf um die weiteren Medaillen zu erwarten
Hinter Mayer, die alle wichtigen österreichischen Straßenlauf-Rekorde zwischen 5km und dem Halbmarathon hält, dürfte es zu einem offenen Kampf um die Medaillen kommen. Die besten Chancen darauf haben Stefanie Kurath (LC Villach), vor einem Jahr in Graz Vierte, sowie die beiden Oberösterreicherinnen Lisa Oberndorfer und Leyla Reshed (beide LCAV Jodl packaging), die vor vier Wochen bei den Staatsmeisterschaften im Halbmarathon in Linz die Ränge drei und vier belegt haben. Halbmarathon-Staatsmeisterin Sandrina Illes (Union St. Pölten), im Vorjahr im Crosslauf Zweite hinter Mayer, ist in diesem Jahr nicht am Start.
Wie bei der Kurzstrecke der Männer sind auch bei den Frauen die Wertungen der U23 und U20 ins 4.910 Meter lange Frauenrennen integriert. Stärkste U23-Läuferin ist Anna Leser (LT Bgld Eisenstadt), in der Altersklasse U20 ist Quereinsteigerin Femke Kramer (Club RunAustria) die Favoritin auf den Titel. Mit Elena Trinks (LAG Genböck Haus RIED) sowie den Danner-Zwillingen Agnes und Ida (SU IGLA long life) ist der Juniorinnenbewerb gut besetzt.
Technisch anspruchsvolle Strecke in Lorüns
Zum ersten Mal seit neun Jahren finden die Crosslauf-Staatsmeisterschaften auf Vorarlberger Boden statt. Austragungsort ist die kleine Gemeinde Lorüns am Eingang ins Montafon nahe Bludenz, der größten Stadt im Vorarlberger Oberland. Das Streckenareal bietet eine spannende Herausforderung für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie Dieter Reis, Obmann des veranstaltenden Vereins TRT Trail Running Team Vorarlberg, berichtet: „Wir brauchen hier keine künstlichen Elemente wie Baumstämme oder Heuballen, die natürlichen Verhältnisse sorgen für eine abwechslungsreiche und technisch anspruchsvolle Strecke. Insgesamt ist die Höhendifferenz mit 70 Metern nicht groß, aber beim Auf und Ab, das es gibt, handelt es sich überwiegend um giftige Anstiege.“
Das Programm bei den Österreichischen Crosslauf-Meisterschaften 2022, Sonntag, 20. November
10:00 Uhr: Start U14 Mädchen, 1.830 Meter (1 lange Runde)
10:20 Uhr: Start U14 Burschen, 1.830 Meter (1 lange Runde)
10:40 Uhr: Start U16 Mädchen, 2.455 Meter (1 kurze und 1 lange Runde)
11:00 Uhr: Start U16 Burschen, 2.455 Meter (1 kurze und 1 lange Runde)
11:30 Uhr: Start U18 Mädchen, 3.660 Meter (2 lange Runden)
12:00 Uhr: Start U18 Burschen, 3.660 Meter (2 lange Runden)
12:45 Uhr: Start Kurzstrecke Allgemeine Klasse Männer, U23 & U20 Junioren, 3.660 Meter (2 lange Runden)
13:15 Uhr: Start Allgemeine Klasse der Frauen (Staatsmeisterschaftsentscheidung), U23, U20 Juniorinnen, Mastersklassen Frauen & Mastersklassen Männer ab M50, 4.910 Meter (2 kurze und 2 lange Runden)
14:00 Uhr: Start Allgemeine Klasse Männer Langstrecke (Staatsmeisterschaftsentscheidung) & Masters bis M45, 9.775 Meter (1 kurze und 5 lange Runden)
Anm.: Aufgrund der Einschränkungen rund um das Pandemie-Geschehen im vergangenen Winter finden die Crosslauf-Staatsmeisterschaften zum zweiten Mal im Folge im November statt. 2023 erfolgt die Rückkehr auf den März-Termin.
Fotos: © ÖLV / Alfred Nevsimal (alle von den Crosslauf-Staatsmeisterschaften 2021)