Varazdin empfängt uns freundlich. Es hat schon am Morgen 27 Grad unter dem Schirm. Die Stadt hat Dorfcharakter und im Zentrum schöne barocke Ensembles. Von Overtourism kann man hier allerdings nicht sprechen. Waraschdin, wie die Stadt auf Deutsch genannt wird, ist sportaffin und ballverliebt. Sowohl im Handball und Volleyball wie auch im Basketball und Wasserball spielen die Stadtteams auf höchster kroatischer Ebene mit.
Unsere Mannschaft reiste mit zwei Bussen an. 21 Athletinnen und 23 Athleten werden Österreich in jeweils 20 Disziplinen vertreten. Die Hälfte der nominierten Athletinnen und Athleten sind U20- oder U23-Athleten. Etliche davon waren bei den Europameisterschaften in Schweden dabei, einige sind regierende Staatsmeister. Dazu kommen die arrivierten Athletinnen und Athleten, die seit Jahren auf den großen internationalen Bühnen mitmischen: Lukas Weißhaidinger, Beate Schrott, Andi Vojta, Victoria Hudson, Alexandra Toth oder Markus Fuchs. Sie sind hochkarätige Bringer für das Punktekonto.
Zeitgleich werden an diesem Wochenende die Team-Europameisterschaften aller Ligen ausgetragen. Die Länder der Superliga treffen sich in Bydgoszcz (Polen), die Nationen in der 1. Liga matchen sich in Sandnes (Norwegen), und die Teams der 3. Liga treffen sich in Skopje (Nordmazedonien).
Für den Besuch im Stadion braucht man zu Mittag einen Sunblocker mit Faktor 60 plus und eine Gletscherbrille. Die Sonne klescht ungebremst auf die Medientribüne. Die Herren des Medicalteams beginnen bereits eine hüfttiefe Eiswanne für die Akteure zu füllen.
Auf die Frage, ob wir in zwei Jahren in der 2. oder 3. Liga mitspielen werden, kann man weder mit Puder- noch mit Kandiszucker schönreden. Schwarzfärben muss man aber auch nicht. Es wird ein Tanz auf der Abbruchkante werden. Mindestens der siebente Gesamtrang wäre für Österreich notwendig, um im Pool der 2. Liga zu verbleiben. Das ist nicht ausgeschlossen. Hannes Gruber hat sich mit den Erkenntnissen von Adam und Riese beschäftigt und aufgrund von Bestleistung-Scores eine Konjunktivrechnung erstellt. Die Leistungen von etwa 480 Athletinnen und Athleten - geschüttelt und gerührt - ergeben ein hoffnungsfrohes Endresultat für Österreich. Doch das alles ist wie ein Startschuss Schall und Rauch und hat keinen Wahrheitsanspruch. Einige im Team mit sadistischen Freuden raten unserem Sportkoordinator trotzdem schon heute, sich am Sonntag auf ein Bad im weihwassergefüllten Hindernisgraben vorzubereiten.
Bei Länderkämpfen geht es nicht nur um Additionen und Summen. Ein Hochgefühl ergibt sich schon, wenn jemand seine persönliche Bestleistung verbessert. Etliche Athletinnen und Athleten haben das Potential für Leistungssteigerungen. Können Julia Mayer, Adam Wiener, Inge Grünwald oder Martin Kainrath ihre heurigen Bestleistungen noch toppen? Wirft Victoria Hudson den Speer über die 60- oder Adam Wiener über die 70m-Marke? Erzielt Tatjana Meklau nochmals einen neuen Hammerrekord? Kann Philipp Kronsteiner an die 16,50 m heranspringen, die ihm bei Übertretungen schon gelungen sind? Fragen, die den Länderkampf gegen 11 Konkurrenten genauso spannend machen wie das Abschneiden insgesamt.
Unser Nationalteam ist jedenfalls hochmotiviert. Agnes Hodi und Tatjana Meklau werden morgen mit vertikalen Sprüngen und horizontalen Würfen den Wettkampfreigen eröffnen. Um 15 Uhr geht es los. Wir werden darüber berichten. Bleiben Sie dran.
Text: Herbert Winkler