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WM Eugene: Tag 4 Zusammenfassung

© Getty Images for World Athletics

Vierter Tag der 18. Leichtathletik Weltmeisterschaften im Hayward Field in Eugene/USA. Auf dem Programm standen bei sonnigen 27 Grad, heute aber sehr böigem Wind, neben mehreren Qualifikationen bzw. Vorrunden auch sechs Entscheidungen. Gold, Silber und Bronze wurden im Hochsprung und 3.000m Hindernis der Männer bzw. Marathon, Dreisprung, Siebenkampf und 1500m der Frauen vergeben.

Spannender Siebenkampf an Thiam, Gold-Double für Äthiopien im Marathon

Doppelolympiasiegerin Nafissatou Thiam (BEL) konnte mit einem 6,59-Meter-Weitsprung ihre Führung im Siebenkampf nach fünf Disziplinen ausbauen. Doch die Olympia-Zweite Anouk Vetter (NED) kämpfte weiter stark, sprang eine PB von 6,52 m und konnte wenig später mit starken 58,29m im Speerwurf sogar erstmals in Führung gehen. Die Entscheidung musste also wie so oft im 800m-Lauf fallen, der Vorsprung von Vetter auf die theoretisch etwas bessere Läuferin Thiam betrug umgerechnet gerade einmal 1,39s. Die belgische Weltmeisterin von 2017 war an diesem Abend aber die deutlich Schnellere, erarbeitete sich vom Start weg einen Vorsprung und lief in 2:13,00min sogar um fast zwei Sekunden neue Bestleistung. 6947 Punkte und damit neue Jahresweltbestleistung kamen für sie in die Ergebnisliste, sie darf sich jetzt als die "Königin der Leichtathletik" bezeichnen lassen. 80 Zähler hatte die beste Mehrkämpferin der letzten Jahre am Ende Vorsprung auf Vetter und 192 auf Anna Hall (USA), die Bronze holte. Historisch hochklassig auch das Niveau, noch nie hatte man bei einer WM für die Plätze 2-5 so viele Punkte benötigt. Titelverteidigerin Katarina Johnson-Thompson (GBR) musste sich mit 6222 Punkten und Rang 8 begnügen.

Wie schon gestern die Männer hatten heute auch die Frauen im Marathon drei Runden zu je 14km in einer Parkanlage im Stadtzentrum zu absolvieren, zur Startzeit um 6:15 Uhr hatte es heute sogar nur 11 Grad und es herrschte Windstille. Ganz andere Voraussetzungen für ein schnelles Rennen also als vor drei Jahren in Doha, als große Hitze und enorme Luftfeuchtigkeit geherrscht hatten. Das Ergebnis war ein deutlicher neuer Meisterschaftsrekord, denn Gotytom Gebreslase aus Äthiopien machte es ihrem Landsmann Tola nach, gewann die Goldmedaille in 2:18:11 und unterbot damit die alte Bestleistung von Paula Radcliffe (GBR) aus dem Jahr 2005 um fast drei Minuten. Auch Judith Jeptum Korir (KEN), die nur 9 Sekunden zurücklag und   Lonah Chemtai Salpeter aus Israel mit 2:20:18 blieben noch unter der alten Bestmarke. Kenias Titelverteidigerin Ruth Chepngetich hatte von Beginn an Druck gemacht und die Spitzengruppe rasch auf acht Läuferinnen reduziert, musste aber knapp vor Halbzeit des Rennens wegen Magenproblemen aufgeben. Eine Vorentscheidung fiel kurz vor Ende der zweiten Runde, als sich die späteren Top-2 vom Rest der Spitz absetzen konnten und den Titel dann unter sich ausmachten. Das bessere Ende hatte die Äthiopierin für sich, die nach den Siegen beim Berlin-Marathon 2021 und Tokyo-Marathon 2022 nun ihren größten Erfolg feierte.

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Jeweils dritter Titel in Serie für Rojas im Dreisprung und Barshim im Hochsprung

Es wird nicht viele Wettbüros gegeben haben, die vor dem Finale Wetten auf einen Sieg von Yulimar Rochas (VEN) angenommen haben, so deutlich war ihre Favoritenstellung. Trotzdem lag sie nach dem ersten Durchgang nicht in Führung, denn diese hatte die spätere Silbermedaillengewinnerin Shanieka Ricketts (JAM) mit ihrem besten Sprung des Tages auf 14,89m (1,7) inne. Mit dem zweiten Versuch war die gewohnte Ordnung aber hergestellt, die zweifache Titelverteidigerin aus Venezuela erzielte die spätere Siegerweite in neuer Jahresweltbestleistung von 15,47m (1,9). Auch mit dem letzten Sprung zeigte die Olympiasiegerin welch enormes Potential in ihr steckt, denn obwohl 34cm vor dem Brett abspringend kam sie immer noch auf 15,39m (0,5). Tori Franklin (USA) holte unter dem Jubel ihrer Landsleute mit 14,72m (1,8) Bronze. Überraschend schaffte es Marina Bekh-Romanchuk (UKR) nicht in den Endkampf der letzten Acht, sie belegte mit 13,91m (1,2) nur Rang 11.

Wenn ein Hochspringer in Doha 2019 und Tokio 2021 jeweils mit 2,37m gewonnen hatte, dann war auch in Eugene, nachdem er wieder 2,37m übersprungen hatte, klar wie der Sieger bei dieser WM heißen wird – die Rede ist von Mutaz Essa Barshim (QAT), der auch heute eine Klasse für sich war und alle Höhen von 2,24m bis eben 2,37m gleich im ersten Versuch überquerte. So blieb für den tapfer kämpfenden Hallenweltmeister Sanghyeok Woo (KOR) trotz neuem Landesrekord von 2,35m nur Silber, es war interessanterweise die erste WM-Medaille für ein Ost-Asiatisches Land im Hochsprung überhaupt. Bronze ging an Andriy Protsenko aus dem klassischen Hochspringerland Ukraine mit 2,33m, nur auf dem enttäuschende 9. Rang landete Mitfavorit JuVaughn Harrison (USA), der diesmal über 2,27m nicht hinauskam.

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1500m an Kipyegon, El Bakkali gewinnt 3000m Hindernis

Doppel-Olympiasiegerin Faith Kipyegon darf sich jetzt auch Doppel-Weltmeisterin nennen. Die Kenianerin zementierte mit einer Siegerzeit von 3:52,96min und mehr als 1,5 Sekunden Vorsprung ihren Ruf als eine der besten 1500-Meter-Läuferinnen alle Zeiten. Ihrem Antritt auf den letzten 300 Metern, als sich die späteren Top-3 bereits vom Feld abgesetzt hatten, waren ihre Konkurrentinnen wieder einmal nicht gewachsen. Ihnen blieben nur Silber und Bronze, die Gudaf Tsegay (ETH) und Laura Muir (GBR) unter sich aufteilten. Für die bislang enttäuschenden Briten die erste Medaille bei dieser WM, für Muir die erste WM-Medaille überhaupt.

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Das langsamste WM-Finale der Geschichte über diese Strecke, bei dem es auch nicht störte, dass in der ersten Runde ein Kameramann auf Bahn 2 stand, lieferte einen der denkwürdigsten und schnellsten letzten Kilometer, denn dieser wurde in ausgesprochen flotten 2:32 absolviert. An diesem mehr als zwei Runden dauernden Sprint nahm fast das gesamte Feld teil, entsprechend eng ging es im Pulk bei dieser hohen Geschwindigkeit her, was auch nicht alle Läufer sturzfrei überstanden. Am Ende stand aber trotzdem wieder jener Mann auf dem Podium ganz oben, dem man die größten Chancen auf den Sieg eingeräumt hatte. Olympiasieger Soufiane El Bakkali (MAR) erreichte nach 8:25,13min das Ziel, er ist damit der erste nicht in Kenia geborene Goldmedaillengewinner über diese Distanz seit Francesco Panetta (ITA) 1987. Für den Äthiopier Lamecha Girma bleib wie schon bei der letzten WM, den letzten Olympischen Spielen und der letzten Hallen-WM wieder nur Silber, offenbar seine Lieblingsfarbe. Der Bronzene Conseslus Kipruto (KEN) machte hingegen nach 2x Gold und 2x Silber nun seinen WM-Medaillensatz voll.

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Vorkämpfe Frauen

200m Vorläufe: Deutlich die Schnellste an diesem Tag – und überhaupt bei Vorläufen in der WM-Geschichte - war Aminatou Seyni (NIG) mit neuem Landesrekord von 21,98s (1,1), dahinter lagen gleich fünf Athletinnen zwischen 22,24s und 22,27s, darunter auch US-Newcomerin Abby Steiner und die jamaikanische 100m-Dauerweltmeisterin Shelly-Ann Fraser-Pryce. Alle Favoritinnen kamen problemlos ins Semifinale.

Diskuswurf Qualifikation: Die USA dürfen schon mit einer weiteren Goldmedaille planen, denn Olympiasiegerin Valarie Allman lag mit ihren 68,36m fast drei Meter vor der nächstplatzierten Qualifikationsteilnehmerin. Einfach war es trotzdem nicht, kam diese Weite doch erst im dritten Durchgang nach zwei Fehlversuchen zustande. Die Dominatorin des letzten Jahrzehnts, Sandra Perkovic (CRO), schaffte die Finalqualifikation gleich mit dem ersten Wurf, dort mit dabei sein werden auch alle drei deutschen Athletinnen. Gleich acht von zwölf Finalistinnen schafften den direkten Aufstieg, indem sie weiter als 64,00m warfen.

Vorkämpfe Männer

200m Vorläufe: Wie locker 200m mit Zeiten unter oder um die 20 Sekunden aussehen können zeigten heute die Favoriten. US-Meister Noah Lyles, Jungstar Eric Knighton und 100m-Weltmeister Fred Kerley sahen nicht sehr angestrengt aus, als sie schon lange vor der Ziellinie abstellten. Stark auch Alexander Ogando (DOM), der in 20,01s (0,5) neuen nationalen Rekord aufstellte. Lyles erzielte mit 19,98s (-0,3) sogar die schnellste Zeit, die in einem WM-Vorlauf jemals gesprintet wurde. Olympiasieger Andre de Grasse (CAN) trat wegen den Nachwirkungen einer erst kürzlich überstandenen Covid-19-Erkrankung nicht zu seinem Heat an.

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Die USA führen die Medaillentabelle mit 6x Gold weiterhin an.

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ORF SPORT + überträgt die WM täglich auf ORF SPORT+ als Zusammenfassung. Kommentatoren: Dietmar Wolff / Thomas König.

  • Dienstag, 19. Juli, 09:00 – 13:00 Uhr: Tag 4
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  • Donnerstag, 21. Juli, 09:15 – 13:15 Uhr: Tag 6
  • Freitag, 22. Juli, 09:15 – 12:00 Uhr: Tag 7
  • Samstag, 23. Juli, 09:00 – 13:00 Uhr: Tag 8
  • Sonntag, 24. Juli, 12:25 – 17:00 Uhr: Tag 9
  • Montag, 25. Juli, 09:00 – 13:00 Uhr: Tag 10

Fotos: © Getty Images for World Athletics

19/07/22 10:00, Text: Georg Franschitz

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