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Crosslauf-EM: Kevin Kamenschak Achter im U23-Rennen

Kevin Kamenschak jubelt über Platz acht im U23-Rennen. © ÖLV / Hannes Gruber

Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA) hat bei den Crosslauf-Europameisterschaften in Antalya für das österreichische Topergebnis gesorgt. Der 20-jährige Oberösterreicher zeigte im 6.324 Meter langen U23-Wettkampf von Start bis Ziel einen engagierten, hochkonzentrierten Auftritt und krönte das Rennen mit einer tollen Schlussrunde, die ihn auf Rang acht brachte. Nie war ein österreichischer Athlet in der seit 2006 bei Crosslauf-Europameisterschaften ausgetragenen U23-Klasse besser platziert, Jennifer Wenth war 2011 U23-Zehnte. In einer Zeit von 18:46 Minuten hatte Kamenschak am Ende nur 19 Sekunden Rückstand auf Sieger Will Barnicoat aus Großbritannien. An der erhofften Top-Fünf-Platzierung in der Nationenwertung lief das ÖLV-Team knapp vorbei: Neben Kamenschaks Platzierung fielen die Positionen 26 für Sebastian Frey (DSG Wien) und 48 für Timo Hinterndorfer (DSG Wien) für Rang sieben in die Wertung. Das U23-Team der Frauen erreichte, angeführt von guten Leistungen von Cordula Lassacher (Atus Knittelfeld) und Marie-Theres Gruber (Union Salzburg), eine Top-Ten-Platzierung in der Nationenwertung. Tobias Rattinger (LAC BMD Amateure Steyr) belegte im Männerrennen Platz 50.

Mit dem besten Einzelresultat bei Crosslauf-Europameisterschaften für das österreichische Nationalteam seit dem fünften Platz im Männerrennen der Titelkämpfe 2005 in Tilburg von Günther Weidlinger hat Kevin Kamenschak in Antalya ein Ausrufezeichen gesetzt. Der 20-jährige Oberösterreicher mischte im mit vielen talentierten, jungen, europäischen Läufern besetzten U23-Rennen mit den Besten mit und lief in einer Zeit von 18:46 Minuten als Achter über die Ziellinie. „Ich bin sehr zufrieden mit dem achten Platz und damit, wie ich den Wettkampf gestaltet habe. Ich habe mich richtig gut gefühlt“, freut sich Kamenschak über die Topplatzierung.

Deren hoher Wert ergibt sich durch den Vergleich mit der internationalen Konkurrenz. Etliche mit EM-Medaillen aus U20- und U23-Titelkämpfen dekorierte Kontrahenten gestalteten das wohl stärkste europäische Feld, mit dem sich Kamenschak in seiner bisherigen Karriere messen musste. Einige Top-Leute wie den Olympia-Finalisten im 1.500m-Lauf, Stefan Nillessen aus der Niederlande, oder den zweifachen Crosslauf-U20-Europameister Axel Vang Christensen aus Dänemark konnte er sogar hinter sich lassen.

Im Konzert der europäischen Talente

Der zweifache Junioren-EM-Medaillengewinner von Jerusalem 2023 ging mit der hohen Zielsetzung einer Top-15-Platzierung und der Hoffnung auf einen Top-Ten-Platz ins Rennen. Mit einer angriffslustigen Startphase reihte er sich gleich in die zweite Reihe des Feldes hinter dem französischen Team ein, das mit einem kollektiven Offensivstart gleich ein Statement an die Konkurrenz schicken wollte. Der seit kurzem in Wien lebende Linzer, einer der jüngeren Teilnehmer im Feld, beendete die erste Runde auf dem sechsten Platz, mitten im Feld der europäischen Topläufer der Jahrgänge 2002 bis 2004, die aus verschiedenen Spezialdistanzen auf der Bahn in einem Wettkampf vereint waren. „Die Startphase ist mir gut gelungen. In der ersten Hälfte war das Tempo nicht super hoch, ich habe mich darauf konzentriert, in guter Position zu bleiben“, schildert Kamenschak aus dem Renngeschehen.

Timo Hinterndorfer startete, wie angekündigt, ebenfalls mutig und suchte sich eine Position rund um Platz 20, die er allerdings bereits gegen Ende der ersten Runde nicht halten konnte. Konträr dazu eröffnete Frey das Rennen. Mit einer konservativeren Startphase versuchte er der üblichen Hektik etwas aus dem Weg zu gehen und arbeitete sich nach dem ersten Rennkilometer sukzessive nach vorne. Kurz vor Halbzeit des Wettkampfs lagen Frey und Kamenschak hintereinander auf den Positionen 14 und 15.

Aufholjagd in der Schlussrunde

Während Frey aber in der Folge Position für Position zurückfiel, hielt sich Kamenschak emsig in der Spitzengruppe und einen engen Rückstand zu den Favoriten. Als der Italiener Konjoneh Maggi in der dritten von vier Runden das Tempo mit einer Initiative an der Spitze hochhielt, verteidigte der Oberösterreicher den Kontakt zur Spitzengruppe. Mit sechs Sekunden Rückstand ging er als 14. in den letzten Umlauf und schnappte sich auf den nächsten 1.000 Metern gleich fünf Kontrahenten. „In der dritten Runde wurde es hart. Ich hab mir eingeredet, dass es allen anderen mindestens genau so weh tut wie mir“, erzählt er lächelnd.

Während vorne der Kampf um die Medaillen entbrannte, übernahm der Österreicher eine aktive Rolle in der Verfolgergruppe und setzte sich dank einer starken Endphase gegen seine direkten Mitstreiter aus Frankreich durch. Mit einer Jubelgeste überquerte er als Achter die Ziellinie. „Anfangs der letzten Runde hab ich kurz durchgezählt, wo ich mich befinde. Die Aussicht auf ein einstelliges Ergebnis hat mich richtig motiviert!“ Es ist Kamenschaks beste Platzierung bei der dritten Crosslauf-EM-Teilnahme, nach zwei Junioren-Auftritten der ersten in der Altersklasse U23.

„Ideale Renngestaltung“

Raphael Pallitsch, seit ein paar Monaten neuer Trainer Kamenschaks, zeigte sich extrem glücklich mit dem Abschneiden seines Athleten: „Kevin hat den Wettkampf genau so umgesetzt, wie wir ihn besprochen haben. Ich halte die taktische Vorbesprechung immer recht allgemein, weil ich möchte, dass meine Athleten auf Eventualitäten flexibel reagieren. Wir wollten aktiv ins Rennen gehen und bis zur Rennmitte den Kontakt zu den Besten halten. Das ist ihm hervorragend gelungen. Kevin sollte dann in seinen Körper hinein hören und die richtigen Schlüsse daraus ziehen“, lobt Pallitsch und betont einen Aspekt: „Ich lege prinzipiell sehr viel Wert auf eine schlagfertige Wettkampf-Schlussphase. Daher freut es mich besonders, dass er in der letzten Runde noch sechs Positionen gutmachen konnte.“

Der 34-jährige Burgenländer und der 20-jährige Oberösterreicher haben im November gemeinsam in der Höhenlage Südafrikas trainiert. Dabei beobachtete der Olympia-Teilnehmer im 1.500m-Lauf von Paris 2024 bei seinem Schützling eine konstante Entwicklung in die richtige Richtung, sowohl in den Trainingsleistungen als auch in der Zuversicht, wieder an Erfolge aus Juniorenzeiten anschließen zu können.

Kamenschak zieht jedenfalls viel Selbstvertrauen aus seinem heutigen Rennen. „Was mir ein richtig gutes Gefühl gibt, ist, wie ich die Zielgerade hinuntergeflogen bin. Ich konnte noch einmal richtig Speed aufbauen. Ich freue mich sehr auf die nächsten Trainings und die Hallensaison“, blickt der 20-Jährige bereits voraus.

Frey und Hinterndorfer hadern mit dem Wettkampf

Während Kamenschak voller Zufriedenheit zurück in die Heimat fliegen wird, sind seine beiden Landsleute mit dem Rennen nicht zufrieden. Sebastian Frey beendete den Wettkampf in einer Zeit von 19:09 Minuten auf dem 26. Platz. „Ich hätte mir sicherlich mehr erwartet. Der Crosslauf bringt immer ein paar Fragezeichen mit sich, weil es schwer einschätzbar ist, wie der Wettkampf tatsächlich wird. Der heute war nicht meiner, ich hab in meiner Karriere definitiv bereits bessere Crossläufe bestritten“, lautet das Fazit des 22-jährigen Wieners, der sich im On Athletics Team Europe unter der Leitung von Thomas Dreißigacker in Südafrika auf die Wintersaison vorbereitet hat. Das heutige Ergebnis möchte er schnell abhaken und bereits am kommenden Wochenende bei der Corrida de Houilles in Frankreich, einem 10km-Straßenlauf, wieder angreifen.

Auch Hinterndorfer ist unter seiner eigenen Erwartungen geblieben. „Ich tu mich im Crosslauf extrem schwer. Das ist meine Erkenntnis von heute. Ich bin in sehr guter Form, das zeigen alle meine Trainingsleistungen. Heute wurde ich in den Kurven, bei den Anstiegen auf die Hügel und bei den künstlichen Passagen immer wieder überholt. Ich konnte auf den Geraden das zwar ausgleichen, aber ich bin so nicht mehr nach vorne gekommen“, erzählt der 20-Jährige, der zu den Jüngsten im 76-köpfigen Starterfeld gehörte. Eine Zeit von 19:38 Minuten bedeutete am Ende Platz 48.

Für die Nationenwertung fielen 82 Platzierungspunkte in die Wertung, womit das ÖLV-Team, das zu Rennmitte virtuell auf Platz fünf lag, noch hinter Spanien (73) und Polen (80) zurückfiel. Gold ging an die überlegenen Briten (17) vor Frankreich (24) und Dänemark (42).

Gute Leistungen von Lassacher und Gruber

Das U23-Team der Frauen schaffte den erhofften Top-Ten-Platz in der Nationenwertung mit einer Punktlandung unter 13 teilnehmenden Teams. Die Basis für dieses gute Abschneiden gestalteten die beachtlichen Auftritte von Cordula Lassacher mit Platz 27 unter 71 Finisherinnen sowie von Marie-Theres Gruber mit Platz 31. Beide zeigten über die Gesamtdistanz von 6.324 Metern eine stabile und konstante Leistung im vorderen Mittelfeld.

Gemeinsam mit dem 55. Platz von Lisa Redlinger (TS Lustenau) sammelte das österreichische Team 113 Platzierungspunkte für die Nationenwertung und ließ somit Finnland mit Bronzemedaillengewinnerin Ilona Mononen, Belgien und Portugal klar hinter sich. Die Goldmedaille in der Einzelwertung ging dank eines überragenden Schlussspurts auf der langen Zielgerade an die Britin Phoebe Andersen, die sich im Dreikampf mit der Spanierin Maria Forero und Mononen in einer Endzeit von 21:16 Minuten durchsetzte. In der Nationenwertung lag Großbritannien vor der Türkei und Deutschland.

Mit dem Wettkampf sehr zufrieden

Lassacher und Gruber platzierten sich in der intensiven Startphase des Rennens auf der großzügigen und langen Startgerade in der großen Gruppe rund um Position 40. Die erste Rennhälfte absolvierte das Feld kompakt in einem konstanten Tempo. Das ÖLV-Duo arbeitete sich jeweils um einzelne Positionen nach vorne. Als eingangs der dritten von vier Runden Ilona Mononen an der Spitze des Feldes das Tempo verschärfte, lagen Lassacher und Gruber in den Top-30 und in Schlagdistanz nach vorne.

Die Tempoveschärfung an der Spitze sorgte dafür, dass die Spitzen- und Verfolgergruppe mit den Österreicherinnen sukzessive in kleinere Gruppen zerfiel. Der Abstand wurde größer, doch Lassacher und Gruber konnten ihre Positionen bis zur Ziellinie konstant halten und damit ihr beachtliches Abschneiden in trockene Tücher bringen. Die Steirerin erreichte das Ziel im Endspurt gegen die Deutsche Mia Jurenka in einer Zeit von 22:26 Minuten auf dem 27. Platz, nur zwei Positionen hinter der Spanierin Marta Serrano, U23-EM-Dritte im 3.000m-Hindernislauf. „Ich bin sehr zufrieden mit meinem Rennen und bin weiter vorne gelandet, als ich mir erwartet hatte“, sagt die 21-Jährige, die sich um rund 20 Positionen gegenüber ihrem Vorjahresergebnis in Brüssel verbessert hat. „Mein Gefühl war während des gesamten Rennens top, es ist alles perfekt aufgegangen“, bilanziert der Schützling von Trainerin Karin Haußecker.

Gruber, die ihr internationales Debüt für Österreich feierte, folgte in einer Zeit von 22:32 Minuten auf Platz 31, auf eine Top-30-Position fehlte nur ein Wimpernschlag. „Ich bin richtig zufrieden mit dem Wettkampf und dem Ergebnis. Es ist meine erste internationale Erfahrung, daher bin ich extrem happy mit allem. Richtig cool!“, freut sich die 22-jährige Salzburgerin. Redlinger beendete das Rennen auf Platz 55 (23:11 Minuten), nur in der Startphase war sie kurze Zeit besser platziert. Katharina Götschl (Union St. Pölten), die sich gleich nach dem Start hinten eingeordnet hatte, fand ihre Position Nummer 67 bereits in der Anfangsphase und verließ sie bis zu ihrer Zielankunft nach exakt 24 Minuten nicht mehr.

Überzeugende Leistung von Tobias Rattinger

Zum Abschluss des Crosslauf-Tages im Dokuma Park in Antalya starteten Tobias Rattinger und Andreas Vojta (team2012.at) ins 93-köpfige Teilnehmerfeld des 7.834 Meter langen Männerrennens, das mit dem dritten Crosslauf-EM-Titel von Topstar Jakob Ingebrigtsen endete. Rattinger hielt sich anfänglich im hinteren Mittelfeld und steigerte sich mit einer Endzeit von 23:38 Minuten auf Platz 50. „Ich bin sehr zufrieden. Mir ist ein Rennen aus einem Guss gelungen, ich hab mich sehr gut gefühlt und das abrufen können, was im Moment drin ist“, freut sich der Oberösterreicher.

Als Medizinstudent in der finalen Ausbildungsphase arbeitet er seit August Vollzeit im Krankenhaus und rechnete daher die Abstriche, die dies für sein Training bedeutet, in die Analyse hinein. Aus dem Renngeschehen schildert er: „Ich bin, wie im Crosslauf üblich, etwas über meine Verhältnisse angelaufen, das Timing hat optimal gepasst, weil ich mein Tempo bis zum Schluss gut durchhalten konnte. Die letzten beiden Runden waren sehr hart, aber ich habe immer wieder einzelne Kontrahenten überholen können. In den letzten Wettkampfminuten habe ich alles aus meinem Körper herausgeholt, weil mir zugerufen wurde, dass ich knapp außerhalb der Top-50 liege – und da wollte ich unbedingt hinein!“ Für Rattinger, dessen Spezialdisziplin der 3.000m-Hindernislauf ist und der sich selbst trainiert, war es der erste Crosslauf-EM-Start in der Allgemeinen Klasse, nach einer Teilnahme in der Altersklasse U23 vor fünf Jahren.

Andreas Vojta konnte wie schon beim Valencia Marathon letzten Sonntag seine gute Trainingsleistungen der letzten Wochen und Monaten nicht in einen entsprechenden Wettkampf umsetzen und blieb als 89. weit unter seinem Wert. „Ich habe gehofft, dass ich mich heute für Valencia rehabilitieren könnte, aber das ist bei weitem nicht gelungen. Wie letzten Sonntag hat es meinen Körper bereits im ersten Rennviertel völlig durcheinandergewirbelt und das Rennen war somit für mich früh schon vorbei“, schildert der Niederösterreicher. Der 35-Jährige zeigt sich ratlos. Nach Valencia hat er sich in diversen medizinischen Tests bei Spezialisten umfangreich untersuchen lassen, ohne Ergebnis. „Schade. Ich ärgere mich und mir ist das Ergebnis auch unangenehm“, gibt er ehrlich zu.

Mediterrane Bedingungen in Antalya

Die 30. Ausgabe der Crosslauf-EM war die erste auf türkischem Boden und die erste, die geographisch außerhalb Europas über die Bühne ging. Die Bedingungen waren daher mit Temperaturen im niedrigen zweistelligen Bereich wenig winterlich. Nach kräftigen Regenfällen in der Nacht war die überwiegend aus Gras bestehende Strecke etwas nass. Am Wettkampftag selbst blieb es trocken, in der Mixed-Staffel und den U23-Rennen drangen ein paar Sonnenstrahlen durch den bedeckten Himmel. Zwei künstliche Hügel, einige Hindernisse, sowie je eine tiefe und eine sandige Passage pro Runde waren als Herausforderungen in den flachen Kurs eingearbeitet. Etliche Zuschauer nutzten den freien Zugang zum Gelände und verfolgten das Geschehen.

Die neue Crosslauf-Europameisterin bei den Frauen, Nadia Battocletti, ist die erste Athletin, die Titel in den Altersklassen U20, U23 und der offenen Klasse geholt hat. Überlegene Nation im Medaillenspiegel war, wie schon so häufig in dieser Spezialdisziplin, Großbritannien.

Alle Ergebnisse der Crosslauf-Europameisterschaften

Titelfoto: ÖLV / Gruber

Alle weiteren Fotos: © ÖLV / Evren Kalinbacak (bei Nennung der Copyright-Informationen honorarfrei verwendbar). Foto-Download: Flicker-Album

08/12/24 12:45, Text: Thomas Kofler


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