Der erste Tag startete mit informativen Präsentationen. Den Einstieg machte Sylvain Jolliet (Dir. EA Development), der Zahlen zu den unterschiedlichen Finanzstärken der europäischen Leichtathletik-Verbände bekannt gab. So verfügt der finanzkräftigste Verband über rund 28,7 Mio. Euro, während der kleinste Verband über gerade einmal 72.728,96 Euro verfügt. Der ÖLV befindet sich - bezogen auf die durchschnittliche Finanzstärke der mittleren Verbände - im Mittelfeld, wobei das Gefälle von den sehr großen Verbänden (u.a. GBR, GER, FRA) einen sehr hohen Prozentsatz aufweist.
Best-Practice-Beispiele
Anschließend an die Übersicht zur finanziellen Situation der europäischen Verbände, veröffentlichten drei der führenden Leichtathletik-Nationen Deutschland, Frankreich und Norwegen Daten und Fakten zu Größe und Stärke der Verbandsstrukturen.
Besonders beeindruckend ist die Entwicklung Norwegens über die vergangenen Jahre. Eine Nation mit vergleichsweise nur 5,4 Mio Einwohner:innen gewinnt vier Medaillen bei den Weltmeisterschaften in Budapest und rangiert damit auf dem neunten Platz aller teilnehmenden Nationen. 51% des 6,3 Mio Euro Budgets kommen aus der staatlichen Förderung, 38% von Sponsoren und der Rest aus dem Lizenzwesen.
Zum Thema Nachhaltigkeit wurde ebenfalls ein Best-Practice-Beispiel aus Norwegen präsentiert. Die Organisatoren der ExxonMobil Bislett Games in Oslo standen 2016 vor einer besonderen Herausforderung. Nach 29 Jahren stieg der multinationale Ölkonzern ExxonMobil als Titelsponsor aus. Der Fortbestand des Meetings stand auf der Kippe. Das OK-Team machte eine 180-Grad-Wende und entschied sich, das Meeting komplett neu auszurichten und den Fokus fortan auf Nachhaltigkeit zu richten. Die Bislett Games wurden zum nachhaltigsten Leichtathletik-Event der Welt. Statt eines Hauptsponsors gibt es nun 13 Partner, was die Kompensation des Ausfalls eines Sponsors deutlich erleichtern würde.
Meilensteine dieser Strategie bilden dabei der Einsatz von Elektroautos und -bussen, sehr kurze Wege zwischen den Athletenhotels und dem Stadion, Zugtransfers zwischen Flughafen, Hotels und vor allem dem nächsten Diamond-League- Standort in Stockholm wenige Tage später sowie in die Eintrittskarten inkludierte Öffi-Tickets für die Zuschauer:innen.
Das Ergebnis lässt sich absolut sehen. Die Emissionen konnten durch diese echten und vor allem tatsächlich nachhaltigen Änderungen um 39% und die Ausgaben für Transporte um 35% reduziert werden.
Auch beim Organisationsteam der Raiffeisen Austrian Open in Eisenstadt gibt es dazu ähnliche Überlegungen, was die Transportmöglichkeiten mittels ÖBB zwischen dem Flughafen Wien und der Landeshauptstadt betreffen.
Mehr Daten und Fakten
Der Fokus der Vormittags-Workshops stand ganz im Zeichen der Zahlen. Nach den budgettechnischen Hardfacts wurden, auf TV-Übertragungen bezogene, Zahlen unter dem Titel „Reimagining the Timetable“ veröffentlicht.
Die Übertragung einer kompletten Weltmeisterschaft bringt eine Menge an TV-Zeiten mit sich. 20 Stunden Übertragungszeit werden für die Läufe auf der Bahn, 62 für die technischen Bewerbe inkl. der Mehrkämpfe und 6 für Straßenläufe eingerechnet. Werden die tatsächlichen Netto-Zeiten herausgerechnet, zeigt dies folgende Zahlen:
- Diskus-Qualifikation Frauen Gruppe A: 0:55 h – netto 7 min für die Versuche
- Hochsprung-Finale Männer: 1:59 h – netto 20 min für die Versuche
- Stabhochsprung-Finale Frauen: 2:24 h – netto 28 min für die Versuche
Die verbliebenen Butto-Zeiten wurde bei den TV-Übertragungen für die Weiten-Messungen, das Zeigen der Vorbereitung der Athlet:innen auf den eigenen Versuch und für die Darstellung des Ergebnisses etc. aufgewendet.
„Reimagining the Timetable“
Bezugnehmend auf diese Auswertungen, legte European Athletics ein weiteres Augenmerk auf die Anzahl der Fehlversuche in den technischen Bewerben. Diese variieren (WM 1997-2023) zwischen 24% (Dreisprung) und 32% (Weitsprung). Dazwischen befinden sich der Kugelstoß, Diskuswurf, Hochsprung und Speerwurf.
Blickt man in die Zukunft, werden von European Athletics weitere Neuerungen in der TV-Gestaltung nicht ausgeschlossen. Diese könnten von Absprungzonen im Weit- und Dreisprung bis hin zu Adaptierungen der Wurfgewichte, die Abschaffung der Jury of Appeal sowie der Einführung von neuen Bewerben wie 200m-Hürden reichen. Alles nicht in Stein gemeißelt, aber die Leichtathletik wird sich bei ihren Wettkampf-Formaten in Konkurrenz zu anderen Welt-Sportarten weiterentwickeln. Bleibt die Frage offen, ob man die vielen Facetten der Emotionen der Athlet:innen und Trainer:innen sowie die Geschichten zu den Athlet:innen selber und weitere Hintergrund-Stories zur Leichtathletik komplett aussparen will, wenn man Würfe und Sprünge im Sekunden-Takt präsentiert bekommt. Auch das kann nicht die Lösung sein.
#ignitethefire
Unter diesem Hashtag startet in Kürze die offizielle Medienkampagne im Vorfeld der Europameisterschaften in Rom nächsten Jahres. Damit soll das anhaltende Wachstum der Kommunikationskanäle European Athletics weiter forciert werden und die Leichtathletik via Social Media weiterverbreitet werden. Allein 2023 wurden bei European Athletics 330.000 neue Follower über X, Instagram und TikTok registriert. Die Leichtathletik wächst – auch der ÖLV verzeichnete einen Zuwachs seiner Medienpräsenz auf Instagram und knackte die 8.000 Follower-Marke deutlich.
Streichung des 10.000m Europacup 2024
Im EM-Jahr wird es keinen 10.000m Europacup in Pacé (FRA) geben. Dieser wird durch ein B-Finale im Rahmen der Europameisterschaften in Rom ersetzt. Mehr Informationen zum Quali-Prozedere dazu folgen in Kürze.
Safeguarding-Update
Jean Gracia, Mitglied des European Athletics Councils, gab einen kurzen Überblick zu den Safeguarding-Aktivitäten bei European Athletics. Neben einer eigenen Safeguarding-Policy wurden u.a. auch die Mitarbeiter:innen zu diesem Thema geschult und es gibt eine Safeguarding-Officer, Mathilde Grenet. Grenet unterstützte 2023 in einer Online-Webinar-Serie auch Lena Burkhardt bei der Ausarbeitung des ÖLV-Safeguarding-Konzepts, welches Anfang Oktober bei European Athletics eingereicht wurde. 37 nationale Verbände haben eine Safeguarding-Policy fristgerecht eingereicht.
Abschlussworte von Präsident Karamarinov
EA-Präsident Dobromir Karamarimov zog abschließend ein Fazit und zeigte dabei die drei Hauptziele für die nächsten Jahre auf:
- Sicherung, Stärkung und Vereinigung der europäischen Leichtathletik-Verbände, um auch in Zukunft alle Herausforderungen meistern zu können.
- Wachstum der Sportart Leichtathletik im Kontext zu anderen Sportarten
- Stärkung der Mitgliedsverbände
Termine 2024
Im Nachgang der Convention fand das Balkan Athletics Meeting statt. Wichtige Termine wurden dabei fixiert. Die Balkan-Meisterschaften der Allgemeinen Klasse werden von 25.-26. Mai 2024 in Izmir (TUR) stattfinden, die Hallen-Meisterschaften sind für 10. Februar geplant – der Austragungsort hierfür ist noch offen. Alle weiteren Termine werden ab kommender Woche im ÖLV-Terminkalender aktualisiert.
Die nächste European Athletics Convention wird von 24.-26. Oktober 2024 in Skopje (MKD) stattfinden.