Andreas Vojta trotzt der Krise und glänzt mit starker 10km-Zeit

Berlin 2018 - Andreas Vojta (C) GEPA-pictures

Österreichs stärkster Mittelstreckler des letzten Jahrzehnts, Andreas Vojta (team2012.at), bewies gestern mit einer starken, inoffiziellen 10km-Bestzeit, dass er die Top-Form aus der heurigen Hallensaison auch ins Frühjahr mitgenommen hat.

Die letzten Jahre liefen nicht immer ganz rund für den 30-jährigen Gerasdorfer, aber Anfang des Jahres zeigte der Olympia-Teilnehmer von London 2012 mit starken 1.500m- und 3.000m-Hallen-Zeiten, dass mit ihm auch in Tokyo wieder zu rechnen ist. Bei einem Höhentrainingslager in Flagstaff (USA) sollte der Grundstein für eine erfolgreiche Olympia-Qualifikation gelegt werden, die Corona-Virus-Pandemie durchkreuzte nun aber seine ursprünglichen Pläne.

Sein derzeitiger Trainings-Alltag

„Für mich ist es keine Riesenumstellung“, sagt Vojta, wenn man ihn auf die Auswirkungen der allgemeinen Beschränkungen für ihn persönlich anspricht. „Wir Läufer haben’s noch am besten“, fügt er hinzu, da er und seine Disziplinenkollegen ja nicht unbedingt eine genormte Leichtathletik-Anlage für das Training benötigen. Normalerweise trainiert der aktuelle Balkan-Hallenmeister über 3.000 Meter an fünf von sieben Tagen in der Woche außerhalb des Stadions. „In den letzten Wochen war ich einmal pro Woche in der Hauptallee für eine schnelle Einheit, sonst renne ich auf den Feldwegen rund um Gerasdorf. Und in der Hauptallee war ich immer am Vormittag unter der Woche, weil ich vermeiden will, mit vielen Leuten in Kontakt zu kommen“, berichtet er.

„Dein Flagstaff des Jahres 2020 heißt jetzt Gerasdorf.“

Als der Sohn des Gerasdorfer Bürgermeisters diesen Satz hört, lacht er. „Das stimmt, Höhentraining 200m über dem Meer“, kommentiert er erheitert, um hinzuzufügen: „Es fühlt sich schon ein wenig wie ein Trainingslager an, weil man die ganze Zeit zu Hause ist und nicht viel anderes unternimmt. Trainingslager at Home sozusagen“. Dann spricht Vojta aber etwas an, was viele Sportler derzeit bewegt: „Es ist schon schwierig, das mental hinzubekommen, denn niemand weiß, wie die Saison heuer aussehen wird, ob und wann man Wettkämpfe bestreiten darf.“ Diese Planungslosigkeit macht nicht nur ihm zu schaffen.

Gibt es eine Wettkampfsaison 2020?

Angesprochen darauf, ob die geplante Freiluft-EM Ende August in Paris stattfinden wird, sagt Vojta: „Ich bin kein Experte, kann es mir aber ehrlich gesagt nicht vorstellen. Das sind genau solche Sachen, die man vermeiden sollte, dass Leute in der ganzen Welt herumreisen. Ich glaube, dass kleinere nationale Rennen schon stattfinden werden, aber dass der ganze internationale Leichtathletik-Zirkus heuer nicht in die Gänge kommen wird“. Seiner Meinung nach macht es auch keinen Sinn, wenn man versucht, das mit aller Gewalt „durchzudrücken“, wie er es ausdrückt, auch wenn es für viele Sportler finanziell natürlich sehr schwierig ist, keine Preisgelder verdienen zu können, und er stellt sich auch die Frage, wie es mit Sponsoren- und Ausrüsterverträgen weitergehen wird.

Pause bei der Olympia-Qualifikation bis Ende November

Diese Woche entschied der Leichtathletik-Welt-Verband die Olympia-Qualifikation bis Ende November 2020 auszusetzen und weder erbrachte Limits noch Leistungen für das World Ranking anzuerkennen. „Es ist schwierig. Ich verstehe die Aspekte. Wenn’s im August etwas gibt, könnte ich gute Zeiten laufen und dann würde es mich einen Schritt Richtung Olympia bringen, was schon ärgerlich wäre. Allerdings wenn z.B. Amerika stark betroffen wäre, dann ist das auch sehr verzerrend.“ Für ihn ist es insgesamt schade, aber als „Sportler verstehe ich auch die Gesamtsituation und dass man eine gewisse Chancengleichheit wahren muss“.

10 Kilometer in 28:28 Minuten

Der bis dato einfache Olympia-Teilnehmer lief gestern auf der Prater Hauptallee die 10 Kilometer im Training in 28:28 Minuten (Splits: 1km 2:48 | 2km 5:37 | 3km 8:20 | 5km 14:14 | 7km 19:59 | last km 2:44), wie er ausführlich auch auf seiner Instagram-Seite berichtete. In einem offiziellen Straßenrennen war bislang nur Günther Weidlinger 2008 bei seinem österreichischen Rekord mit 28:10 Minuten schneller. Vojtas Hausrekord auf der Straße steht offiziell bei 29:08 Minuten (2013) und auf der Bahn lief er in London 2018 seine Bestzeit von 28:33,99 Minuten.

Bisherige Trainingsbestzeit 29:45 Minuten

Gestern lief Andreas Vojta also deutlich schneller als je zuvor im Training. „Ich hatte ein paar ruhigere Tage davor, habe nichts Intensives gemacht und wollte einen Tempolauf mit Wettkampfcharakter machen“, erzählt er. „Eine 28er-Zeit wäre das Ziel gewesen, aber man merkt dann eh schon am Anfang, dass es ganz gut rollt“, bestätigt er seine gute Verfassung am gestrigen Tag, wo dann am Ende 28:28 Minuten nach 10 Kilometer auf seiner Uhr zu Buche standen.

„Natürlich ist es schade, dass man das derzeit nur so laufen kann und es nicht bei einem offiziellen Wettkampf zeigen kann“, kommentiert er seine starke Zeit: „Aber ich versuche, das beste aus der Saison zu machen“. Einen Angriff auf den österreichischen 10km-Straßenlauf-Rekord von Günther Weidlinger hält er für „interessant“, das wichtigste ist für ihn aber, dass es in die richtige Richtung geht: „Die gute Verfassung möchte ich für 2021 mitnehmen, wenn ich das bei einem oder anderen Wettkampf heuer noch zeigen kann, freue ich mich natürlich. Und seiner zweiten Olympia-Qualifikation sieht er optimistisch entgegen: „Ich habe jetzt ein Jahr länger Zeit zu trainieren und noch besser zu werden.“

Online-Workout als Zusatztraining

Dabei hilft ihm auch sein Online-Workout, dass er seit Beginn der Corona-Virus-Beschränkungen zweimal pro Woche via Youtube anbietet. „Es ist für mich ein Ansporn, weil ich selbst etwas mache und mir überlegen muss, welche Übungen ich absolviere“. Außerdem freut er sich über die hohe „Watch-Time“, die eine solche Online-Einheit mit Andreas Vojta seinem Youtube-Kanal einbringt. Bei durchschnittlich 45-50 Zuschauern gleichzeitig (Höchstzahl 83 gleichzeitig) ergeben sich an einem Tag zirka 25 Stunden „Watch-Time“. Und außerdem bringt’s viel an positivem Feedback seiner Follower, die ihn ebenso ermutigen, seine Workouts auch nach der Zeit der Einschränkungen fortzusetzen.

Virtuelle Wettkämpfe als Anreiz für Hobbysportler/innen

Virtuelle Wettkämpfe hält der 30-jährige, der seit dem Vorjahr auch die ehrenamtliche Funktion des Finanzreferenten des Wiener Leichtathletik-Verbands bekleidet, für Profisportler nicht so interessant. „Aber grundsätzlich sind solche Sachen gut, wenn Leute Spass haben und mehr Bewegung machen, als sie sonst machen würden.“

Abschließend haben wir ihn noch nach dem gestern auf Instagram geposteten "Fun-Fact", wie er es selbst nannte, gefragt. Das sind seine 78,9 kg Körpergewicht, die sich auf seine 1,89m Körpergröße verteilen. Vojta selbst benannte sein Optimalgewicht im Gespräch heute mit 76-77 Kilogramm. "1-2 Kilo fehlen derzeit auf das Optimalgewicht, aber das ist egal jetzt", da ja auch derzeit keine Wettkämpfe stattfinden. Das wichtigste ist, wie er selbst sagt: "Ich laufe bessere Zeiten."

Das aktuelle Leistungsniveau von Andreas Vojta macht jedenfalls Lust auf mehr. Wir freuen uns schon auf seine nächsten Rennen und hoffen, nicht mehr allzu lange darauf warten zu müssen.

Fotos (C) Privat/Instagram, GEPA-pictures

11/04/20 18:42, Text: Helmut Baudis

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