Mayr visiert bei erster Berglauf-EM seit 2019 Edelmetall an

Andrea Mayr bei der Berglauf-EM 2019 in Zermatt. © ÖLV

Mit einem kleinen, aber leistungsstarken Athletenteam ist Österreichs Berglauf-Nationalteam heute zu den Berglauf-Europameisterschaften auf die Kanarischen Inseln gereist, die von Freitag bis Sonntag im Rahmen der erstmals ausgetragenen Off-Road Europameisterschaften stattfinden. Diese beinhalten jeweils einen Uphill- und einen Up&Downhill-Bewerb sowie Trailrunning-Wettkämpfe. Nach zwei Jahren Pause jagt Andrea Mayr erstmals seit 2019 wieder nach einer EM-Medaille in ihrer Spezialdisziplin. Manuel Innerhofer hofft, an seine beiden Top-Ten-Platzierungen aus den Jahren 2018 und 2019 anschließen zu können.

„Ich hoffe auf das bestmögliche Resultat“

Als sechsfache Berglauf-Weltmeisterin und vierfache Berglauf-Europameisterin gehört Andrea Mayr (SVS Leichtathletik) auch im Alter von 42 Jahren bergauf noch zu den Schnellsten in Europa. „Ich bin immer noch Leistungssportlerin und denke auch so“, betont die Medizinerin an den Salzkammergut Kliniken, „Ich wünsche mir gute Beine, dass ich mich im Wettkampf wohlfühle und dass das bestmögliche Resultat herauskommt.“

Vor fünf Wochen hat sich die Oberösterreicherin in Knittelfeld ihren 15. Staatsmeistertitel in ihrer Lieblingsdisziplin im Laufsport geholt. Den Vergleich mit den Besten Europas gab es in diesem Jahr noch nicht, die internationale Berglaufsaison steht am Beginn und wartet gleich mit dem kontinentalen Höhepunkt auf. Die erfahrene Österreicherin stört das nicht. Sie erinnert daran, früher ganz bewusst auf internationale Vergleiche vor dem Saisonhöhepunkt verzichtet zu haben, um sich nur auf sich zu konzentrieren.

Mayr mitten im Kreis der Medaillenaspirantinnen

Aus rot-weiß-roter Sicht startet das Wettkampfwochenende in El Paso auf der Insel La Palma, die nordwestlichste und bergigste der Kanarischen Inseln – aufgrund der großen Waldflächen auch „Grüne Insel“ der Kanaren genannt, am Freitagvormittag um 11:05 Uhr mitteleuropäischer Zeit mit dem Uphill-Bewerb der Frauen. Die klimatischen Verhältnisse in der südlichsten Region Europas sind mit jenen am Alten Kontinenten nicht vergleichbar und so sind die prognostizierten Laufbedingungen mit Temperaturen um die 20°C. nahezu ideal. Auch wenn die Strecke mit einer Länge von knapp neun Kilometern und einer Höhendifferenz von 997 Höhenmetern vielleicht etwas weniger steil ist, als sie es sich wünschen würde, hat Mayr Edelmetall nach guten Eindrücken aus dem Training fest im Blick: „Natürlich wünsche ich mir die optimale Tagesverfassung und nach dem Start ein Gefühl, dass ich den Berg hinauffliegen kann. Das Problem: Diese Tage kann man in einer langen Karriere an einer Hand abzählen.“ Da jeder Berg unterschiedlich sei, hänge viel davon ab, wie sehr Strecke und Bedingungen einer Athletin entgegenkommen. Außerdem übernehme die Tagesverfassung eine entscheidende Komponente.

Die dreifache Berglauf-Europameisterin Maude Mathys aus der Schweiz (2017-2019) – und damit nach zwei Jahren Pandemie bedingter Absagen Titelverteidigerin – ist wohl die stärkste Kontrahentin im 48 Athletinnen aus 17 Nationen umfassenden Starterfeld. Neben ihr hat Mayr vor allem die Italienerin Francesca Ghelfi und die Tschechinnen für eine leistungsstarke Spitzengruppe auf der Rechnung.

ÖLV stellt Team im Up&Downhill-Bewerb

In der Allgemeinen Klasse der Männer ist Österreich mit einem Trio vertreten, weswegen zusätzlich zu den drei Einzelplatzierungen eine Platzierung in der Nationenwertung (Addition der Platzierungen) angestrebt wird. Manuel und Hans-Peter Innerhofer (LC Oberpinzgau) sowie Markus Hartinger (LTV Köflach) – die Top-Drei der diesjährigen Staatsmeisterschaften – bestreiten am Sonntag mit Start um 9:30 Uhr unserer Zeit den 17,6 Kilometer langen Up&Downhill-Bewerb mit einer Höhendifferenz von 858 Metern in An- und Abstieg. Sowohl die Zwillinge aus dem Oberpinzgau als auch der Steirer fühlen sich in diesem Bewerb wohler, da die die beiden Salzburger bergab stark laufen und Hartinger nicht der klassisch ausgebildete Bergläufer ist.

Da allerdings der Uphill-Bewerb am Freitag mit Start um 11:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit auf einer nicht sehr steilen Strecke über die Bühne geht, sind Manuel und Hans-Peter für beide Bewerbe nominiert. Sie wollen sich nach Ankunft auf La Palma den Kurs anschauen und danach entscheiden, ob sie am Freitag an den Start gehen werden. Kriterium ist, dass die beiden ähnliche Chancen für sich sehen wie am Sonntag. Die Tendenz ging vor Abflug in der Heimat Richtung Doppelstart.

Schwer einzuschätzendes Feld

Manuel Innerhofer ist bei internationalen Meisterschaftsrennen zuletzt dreimal in Folge in die Top-Ten gelaufen (zweimal Europameisterschaften, einmal Weltmeisterschaften) und hat sich damit in der Szene einen Namen gemacht. Dennoch dämpft der 26-Jährige trotz guter Trainingsleistungen die Erwartungen, da er nach einem Muskelfaserriss im Frühjahr erst einen Wettkampf (Gold bei den Staatsmeisterschaften) in den Beinen hat, verspricht aber sein Bestes zu geben: „Es ist unser erster internationaler Auftritt seit langem. Die Konkurrenz ist daher sehr schwierig einzuschätzen, viele haben bei nationalen Meisterschaften oder Straßenläufen gezeigt, wie stark sie in Form sind. Natürlich ist ein Top-Ten-Platz mein Ziel. Wenn alle Faktoren – Wetter, Strecke und Tagesverfassung – passen, ist einiges drin.“

Zwillingsbruder Hans-Peter und Hartinger ziehen ihr Selbstvertrauen vor den Off-Road Europameisterschaften in Spanien nicht nur aus ihrem erstmaligen Medaillengewinn bei den Staatsmeisterschaften im Berglauf, sondern auch aus kräftigen Verbesserungen auf den Straßenlauf-Distanzen im Frühjahr, die bei beiden ein neues Leistungslevel skizzieren. Innerhofer weiß um seine Stärke auch im Berglauf, tagtäglich hat er im Training mit Manuel eine optimale Referenz: „Er gehört zur Europaklasse im Berglauf und ich sehe, wie gut ich mithalten kann.“

Zu den Favoriten im 56 Läufer starken Feld des Up&Downhill-Bewerbs, die 17 Nationen vertreten, zählen die Innerhofer-Zwillinge die Italiener rund um Ex-Europameister Xavier Chevrier und Cesare Maestri sowie die Franzosen und die Norweger. Im Uphill-Bewerb sind 49 Athleten aus 16 Nationen gemeldet, darunter der Europameister von 2019, Jacob Adkin aus Großbritannien und Berglauf-Weltcup-Gesamtsieger Henri Aymonod aus Italien.

Doppelte Premiere für Berglauf-EM

El Paso ist eine Gemeinde auf der Kanarischen Insel La Palma vor der Westküste Marokkos und liegt rund 3.500 Kilometer Luftlinie südwestlicher Richtung von Wien entfernt. Inklusive der European Mountain Running Trophy als Vorgänger-Veranstaltung finden die Berglauf-Europameisterschaften zum 27. Mal statt, erstmals ist der spanische Verband in der Gastgeberrolle. Die wichtigere Premiere ist jene, dass die Berglauf-Europameisterschaften erstmals im Rahmen der neuen Off-Road Europameisterschaften über die Bühne gehen, die auch die Trailrunning-Bewerbe inkludieren. Erstmals finden ein Uphill- sowie ein Up&Downhill-Bewerb am selben Wochenende statt, bisher wechselten sich diese beiden Disziplinen alternierend ab.

Die 8,85 Kilometer lange Strecke für den Uphill-Bewerb sieht eine Höhendifferenz von 997 Metern im An- und 68 Metern im Abstieg vor und weist wenig sehr steile Passagen auf, im Mittelteil gibt es neben einem kurzen, leichten Gefälle eine Passage mit mäßigem Anstieg. Das Ziel befindet sich mitten in einem Nationalpark auf 1.580 Metern Meereshöhe an einem Platz mit spektakulärer Aussicht über die Insel. Das 17,6 Kilometer lange Up&Downhill-Rennen findet auf einer Strecke mit Start und Ziel in El Paso statt. Nach sechs Kilometern überwiegend im Anstieg führt die Strecke bergab zu einer Wendeschleife. Nach der Schleife geht es auf derselben Strecke zurück ins Ziel. Insgesamt sind 858 Höhenmeter in An- und Abstieg zu absolvieren, der höchste Punkt der Strecke liegt auf rund 1.100 Metern über dem Meeresspiegel.


Das Wettkampfprogramm der österreichischen Athleten (Angaben in mitteleuropäischer Zeit)

Freitag, 1. Juli um 11:05 Uhr – Uphill, Frauen (8,9 km, 997 HM im Anstieg) – Andrea Mayr
Freitag, 1. Juli um 11:30 Uhr – Uphill, Männer (8,9 km, 997 HM im Anstieg) – Manuel & Hans-Peter Innerhofer (voraussichtlich)
Sonntag, 3. Juli um 9:30 Uhr – Up&Downhill, Männer (17,6 km, 858 HM in An- und Abstieg) – Manuel & Hans-Peter Innerhofer, Markus Hartinger


European Athletics hat Live-Übertragungen im Livestream auf seinem Youtube-Kanal und der Verbandswebsite angekündigt.

Website der Off-Road Europameisterschaften 2022

Website von European Athletics

28/06/22 14:21, Text: Thomas Kofler


zurück