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ÖLV-Quintett bei der 29. Crosslauf-EM in Brüssel

© ÖLV / Giancarlo Colombo

Fünf österreichische Läuferinnen und Läufer treten am kommenden Sonntag bei den Crosslauf-Europameisterschaften in Brüssel gegen starke internationale Konkurrenz an. Angeführt wird das ansonsten junge ÖLV-Team von Routinier Andreas Vojta (team2012.at), der zum 14. Mal in Folge bei Europameisterschaften im Crosslauf an den Start geht.


Mit seiner 14. Teilnahme beim kontinentalen Höhepunkt dieser Teildisziplin der Leichtathletik ist Andreas Vojta der erfahrenste Läufer im gesamten Feld. Diese hohe Zahl spiegelt auch wieder, wie sehr der 34-Jährige den Crosslauf als Trainings- und Wettkampfform im Winter schätzt, auch in seinem neuesten Karriere-Kapitel als Marathonläufer. Die Strapazen des Frankfurt Marathon vor sechs Wochen sind längst aus dem Körper und der Gerasdorfer hat sich mit einigen gelungenen schnellen Einheiten im Gelände kurz, aber zielgerichtet auf die Crosslauf-EM vorbereitet. „Natürlich merke ich den Unterschied zu anderen Jahren, dass ich dieses Mal nicht aus einer Pause nach der Bahnsaison komme, sondern aus der Regenerationsphase nach einem Marathon. Die Grundlage und die Ausdauer für einen anspruchsvollen 9.000m-Lauf stimmen also, vielleicht fehlt mir im Vergleich zu vergangenen Jahren etwas die Wettkampfhärte“, erklärt Vojta. Wie sich das auswirke, sei auch für ihn eine spannende Frage. „Als Leistungssportler orientiere ich mich nach den zwei 29. Plätzen in Dublin 2021 und Turin 2022 natürlich an den Top-30, aber ich sehe das nicht als Pflicht für mich. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass bei einer Crosslauf-EM viele Faktoren eine Rolle spielen und die Teilnehmerfelder immer sehr stark besetzt sind.“

Steirisches Duo in der Altersklasse U23

Der einzige Bewerb, in dem Österreich zweimal vertreten ist, ist der 7.000m lange der Altersklasse U23 der Frauen. Für die 22-jährige Lotte Seiler (KSV alutechnik) ist es die letzte Gelegenheit für ein internationales Großereignis in der Altersklasse U23, das zweite binnen weniger Monate nach ihrer Teilnahme am 3.000m-Hindernislauf im Rahmen der U23-EM in Espoo im Juli. Seiler schätzt den Crosslauf als natürlichste Laufform, in den sportlichen Resultaten hat sich diese Liebe bisher noch nicht wiedergespiegelt. „Die Form passt, das Training hatte eine so hohe Qualität wie noch nie und ich bin topmotiviert“, zählt sie drei Gründe auf, warum sich dies am Sonntag ändern soll. Im 75 Athletinnen starken Feld orientiert sie sich Richtung Platz 30. „Ein gelungener Wettkampf ist es für mich, wenn ich im Ziel das Gefühl habe, alles herausgeholt zu haben“, konkretisiert sie.

In ihrem ersten U23-Jahr ist Cordula Lassacher (Atus Knittelfeld). Nach einer Erkrankung am Pfeifferschen Drüsenfieber im vergangenen Winter und der aufgrund eines Haarrisses verpassten U23-EM im Sommer freut sie sich besonders auf dieses Großereignis. Vor zwei Monaten bestach die Steirerin mit einem österreichischen Rekord in der Altersklasse U23 im 10km-Straßenlauf bei den Österreichischen Meisterschaften in Salzburg. „Durch das Alternativtraining im Sommer haben sich längere Distanzen angeboten und ich habe im Herbst überraschend gute Leistungen zeigen und außerdem gut durchtrainieren können“, erzählt sie. Diese Grundlage könnte auf einer nicht leichten, 7.000m langen Crosslauf-Strecke ein Vorteil sein, weswegen die 20-Jährige einen speziellen Fokus auf die bei Crossläufen oft hektische und von intensiven Positionskämpfen geprägte Anfangsphase legen möchte. „Ich werde versuchen einen Mittelweg zu finden, damit ich nicht zu viele Plätze verliere und daher nicht zu viele Läuferinnen in der zweiten Hälfte überholen muss, ohne dass ich zu viel Energie in die Startphase lege.“

Letztes U23-Großereignis für Tobler

Für Mittelstrecken-Spezialist Marcel Tobler (ULC Riverside Mödling) ist die Distanz von 7.000m eine ungewohnte Herausforderung. Wie gut er diese stemmen kann, hat er im letzten Jahr als 45. der U23-Wertung bei der Crosslauf-EM auf dem sehr schwierigen Kurs in Turin bewiesen. Daher verspüre er wenig Druck und gehe mit ähnlichen Gefühlen wie im letzten Jahr in die Titelkämpfe, sagt er. „Meine Trainerin Karin Haußecker und ich sind der Meinung, dass zu diesem Trainingszeitpunkt der Crosslauf ein hervorragender Test ist, welche Fortschritte wir im Trainingsprozess erzielen. Denn zu dieser Jahreszeit liegt der Fokus auf Grundlage und Ausdauer. Außerdem ist der Crosslauf mental beanspruchend und wenn man diese Challenge nimmt, wirken die ein oder andere Trainingseinheit oder ein Wettkampf nach der Crosslauf-Saison leichter als er ist“, führt der 22-Jährige weiter aus. Für ihn ist es ebenfalls das letzte Großereignis in der Altersklasse U23. Tobler scheiterte bei der U23-EM im Sommer zwar im Vorlauf über 1.500m, holte aber bei der Universiade drei Wochen später im chinesischen Chengdu mit Platz sechs ein Spitzenresultat.

Weite Anreise mit hohen Zielen für Bezecny

Der kürzeste Wettkampf aller österreichischen Teilnehmer steht für Emil Bezecny (Leichtathletik Akademie Eisenstadt) im 5.000 Meter langen Bewerb der Altersklasse U20 an, womit der 19-Jährige chronologisch als erster der Österreicher im Einsatz sein wird. Es ist bereits seine dritte Teilnahme bei Crosslauf-Europameisterschaften, das bisher beste Resultat war jenes in Dublin 2021, als er trotz eines Sturzes auf Position 35 ins Ziel kam. Bezecny geht mit den größten Ambitionen aus dem österreichischem Team ins Rennen: „Grundsätzlich bin ich in einer guten Form und visiere als großes Ziel einen Platz im Bereich der Top-Ten an.“ Bezecny kann sich dabei auf für sein Alter reichhaltige Crosslauf-EM-Erfahrung stützen, zumal Erfahrung in dieser Disziplin eine wichtige Zutat ist. „Crosslauf ist oft härter als das Laufen auf der Bahn. Besonders direkt nach dem Startschuss ist die taktische Renngestaltung immer sehr herausfordernd. Danach gilt es, so locker wie möglich zu laufen, was schwieriger ist, wenn der Boden weich oder die Topografie der Strecke anspruchsvoll ist. Und in der finalen Rennphase heißt es: beißen!“, erklärt er.

Nach einem guten Auftritt bei der U20-EM in Jerusalem, wo er Neunter im 5.000m-Lauf wurde, begann der Burgenländer sein Studium an der Adams State University in Alamosa im US-Bundesstaat Colorado, für die er bereits einige Crosslauf-Wettkämpfe in dieser Saison bestritten hat. In den ersten Wochen spürte er die schwierige Umstellung in allen Lebensbereichen und auch im Sport, zumal Alamosa auf über 2.000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Je länger die Adaptationsphase dauerte, desto besser gewöhnte sich Bezecny an die Höhenlage und das Niveau in seinem Universitätsteam und machte deutliche Leistungssprünge. „Dass eine so große Anzahl junger Athleten bei den Wettkämpfen so viele gute Leistungen erzielen, war für mich schon eine neue Erkenntnis“, berichtet er von den US-Rennen. Vom hohen Niveau profitiert er nicht nur in den Rennen, sondern auch in seiner Trainingsgruppe. „Bei mir dreht sich hier alles um das Laufen und das Studium“, fasst er zusammen. Das jüngste ÖLV-Teammitglied ist erst gestern aus den USA angereist und wird versuchen, den Jetlag bis zum Sonntag zu regulieren.

Parc de Laeken als traditionsreiche Crosslauf-Bühne

Die seit 1994 bis auf die Ausnahme des Jahres 2020 jährlich durchgeführten Europameisterschaften im Crosslauf gehen zum 29. Mal über die Bühne, zum dritten Mal auf belgischem Boden. Nach Charleroi 1996 ist 2023 wie schon 15 Jahre zuvor die EU-Hauptstadt Brüssel Gastgeberin für die besten Crossläuferinnen und Crossläufer des Kontinenten. Gelaufen wird wie 2008 und vier Jahre zuvor bei den Weltmeisterschaften im Parc de Laeken (zu deutsch Lakenpark) im gleichnamigen nordwestlichen Stadtbezirk, in dem auch die weltberühmte Brüssler Sehenswürdigkeit, das Atomium, und das für die europäische Leichtathletik bedeutende König Balduin Stadion, Gastgeber des jährlichen Meetings Memorial van Damme als Teil der Diamond League, stehen.

ÖLV-Delegationsleiter Hannes Gruber war bereits 2008 dabei und erinnert sich an Bedingungen, die sich aufgrund des Geländes im Park und des damals witterungsbedingt sehr tiefen Bodens als große Herausforderung darstellten. „Mit dem besten verfügbaren Team“ reist er am heutigen Nachmittag in die belgische Hauptstadt, Kriterium für die Nominierung von Seiten des ÖLV waren zusätzlich zur sportlichen Qualifikation nach Vorgaben des Europäischen Leichtathletik-Verbandes eine realistische Chance auf eine Platzierung zumindest im Mittelfeld sowie eine aktuelle Leistungsbestätigung, so Gruber.

Sieben Medaillenentscheidungen stehen am frühen Sonntagnachmittag auf dem Programm:
12:25 Uhr: U20, Mädchen (5.000m)
12:50 Uhr: U20, Burschen (5.000m) mit Emil Bezecny
13:10 Uhr: Mixed-Staffel (4x1.500m)
13:35 Uhr: U23, Frauen (7.000m) mit Cordula Lassacher und Lotte Seiler
14:05 Uhr: U23, Männer (7.000m) mit Marcel Tobler
14:35 Uhr: Allgemeine Klasse Frauen (9.000m)
15:15 Uhr: Allgemeine Klasse Männer (9.000m) mit Andreas Vojta

„Die am stärksten besetzten Laufbewerbe Europas“

Die Crosslauf-Europameisterschaften zählen zu den wichtigsten Veranstaltungen von European Athletics und finden traditionell am zweiten Dezember-Sonntag statt. „Da viele der besten Läuferinnen und Läufer aus ganz Europa von den Mittelstrecken bis hin zum Marathon in einem Wettkampf zusammenkommen, sind die Crosslauf-Europameisterschaften die am stärksten besetzten Laufbewerbe der europäischen Leichtathletik überhaupt, eigentlich sogar die am stärksten besetzten Leichtathletikbewerbe des Jahres“, erklärt Gruber. Für 2024 gibt es zwei wichtige Neuerungen: Erstmals gibt es beim Start keine fixen Startboxen, sondern eine freiere Wahl der Startpositionen, wobei die Favorisierten Erstwahlrecht haben werden. Zweitens laufen Mädchen und Frauen erstmals dieselben Distanzen wie Burschen und Männer, weswegen die Streckenlänge der weiblichen Bewerbe sich im Vergleich zur Vergangenheit um rund einen Kilometer erhöht und sich jene der männlichen Bewerbe um rund einen Kilometer verringert.

Dem ÖLV-Team nicht zur Verfügung stehen in Brüssel die talentierten Nachwuchsläufer Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA), Sebastian Frey (DSG Wien) und Timo Hinterndorfer (DSG Wien), die ihren Fokus auf die Hallensaison richten, in der es für das Trio um wichtige Weltranglistenpunkte im Qualifikationsprozess für die Europameisterschaften in Rom 2024 geht, die aufgrund der im Hochsommer stattfindenden Olympischen Spiele von Paris bereits zu Beginn der Freiluftsaison Anfang Juni auf dem Programm stehen.

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Fotos: © ÖLV / Giancarlo Colombo

08/12/23 09:59, Text: Thomas Kofler


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