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U23-EM – Innenansichten aus Espoo – Sonntag

Hall, Foto (C) ÖLV, Coen Schilderman

Heute ist der letzte Wettkampftag. Der Himmel spannt sich wieder wie ein blauer Schirm über Finnland. Es hat 10 Grad weniger als in der Heimat.

Fast 1.000 Finnen und Finninnen sind gestern nackt nach Kuopio geströmt. Anlass war eine Kunstaktion des US-Fotografen Spencer Tunick. Sie posierten in den Parks von Kuopio, inmitten von riesigen Blumeninstallationen. In Australien posierten schon einmal Tausende am Bondi Beach, um auf das Risiko von Hautkrebs aufmerksam zu machen. Freiheit hatte in Finnland schon immer einen hohen Stellenwert.

Das skandinavische Land ist seit 1995 Mitglied in der EU und seit 1999 auch Mitglied des Euro-Währungsgebietes. Verglichen mit Österreich ist das Leben in Finnland aber wenig taschengeldfreundlich.

Beim Frühstück treffe ich Sebastian Frey.  Er wird am Vormittag über die 10.000 m starten. Nein, er ist nicht müde, sondern gut motiviert. Die lange Langstrecke im Stadion liegt ihm sowieso gut. Das will er beweisen.

Schuler und Trainerin
Vorarlberger Erfolgsduo: Chiara Schuler und Ruth Laninschegg

Der erste österreichische Starter im Leppavaara Stadium ist Dominique Hall. Er startet wieder mit langer Hose und bringt im 110-m-Hürdenlauf 15,53 Sekunden auf die Bahn und 787 Punkte in den Datensatz der Exzel-Tabelle.

Auf der Pressetribüne ist heute kein Stress. Jede Athletin und jeder Athlet ist wichtig. Bei den Veranstaltungen der allgemeinen Klasse sind oft die weiter hinten Platzierten keine Zeile in Petitgröße wert. Bei Nachwuchsmeisterschaften ist das anders. Hier agieren tatsächlich die „Stars of tomorrow“. Ihre Leistungen werden sich nicht um Hundertstel oder Zentimeter verbessern. Bei vielen wird es Steigerungen um Sekunden und Meter geben. Ihnen gehört die Zukunft.

Bredlinger und Trainerin
Ursula und Caroline Bredlinger: Schon wieder im Training

Der 10.000-m-Lauf ist nichts für Sprinter oder Kugelstoßer. Ohne speziellem Training ist man bereits nach wenigen Kilometern am Abschmieren. Für Sebastian Frey ist es die Spezialstrecke. Er gehört mit 28:27 min zu den Topaspiranten auf einen Spitzenplatz bei dieser Europameisterschaft. Doch die Zeit ist das Andere, der Lauf dann selbst das Eine.

Gleich nach dem Start löst sich der Pole Meteusz Gos aus dem Pulk. Er ist bald 10 Sekunden vor dem Feld. Das erinnert mich an den „Soloritt“ des ehemaligen Langstreckenläufers Michael Schmid. Auch er enteilte bei der Europameisterschaft 2010 in Barcelona dem Feld … und gab dann auf.

Die anderen Läufer bleiben in einer großen Traube zusammen, und Sebastian Frey hält sich auf den Rängen 16 bis 11 auf. Als noch zwölf Runden angesagt sind, geht er auf den 5. Platz vor. Dann wird es dem Spanier Adria Ceballos zu langsam, er erhöht das Tempo, denn Meteusz Gos hat bereits 12 Sekunden Vorsprung. Nun zieht sich das Feld auseinander, und der Grieche Nikolaos Stamoulis gibt erschöpft auf.

Drei Runden vor Schluss ist der Pole schon „geschluckt“, und jetzt zieht der Brite Rory Leonard davon. Sebastian ist jetzt Sechster und erhöht auch das Tempo.

„Ich sah den Antritt des Briten, konnte aber nicht mitgehen“, sagt Frey am Ende. Leonard läuft am Schluss mit Triumphgesten über die Ziellinie und fixiert 29:08 Minuten. Sebastian überholt noch den Türken Aslanhan und wird großartiger Fünfter. Die Uhr bleibt für ihn bei 29:29 Minuten stehen. Er ist zufrieden und sieht in seiner Karriere eine neuerliche Besserung auf dem Weg nach oben. So soll es sein.

Dominique Hall wirft einstweilen den Diskus 38,23 m weit und ist nach sieben Bewerben an 16. Stelle. 

Vor dem Endlauf über 400 m Hürden hoffe ich, dass meine Nerven in schicklichem Rahmen bleiben. Ich bin entspannt wie ein Sprengmeister. Schon fünf Minuten stehen die Läuferinnen vor ihrer Startmaschine. Wer hat sich das ausgedacht? Endlich knallt es. Lena Pressler zieht los. Die internationale Besetzung ist bunt gemischt. FIN, UKR, NOR, ESP, FRA, BEL sind die IOC-Ländercodes, was jetzt wurscht ist.

Andrea Rooth aus Norwegen und Nina Hespel aus Belgien haben es gleich besonders eilig und machen Druck. Lenas Lauf ist flüssig, und die Hürden stören sie nicht wirklich. Eingangs der Zielgeraden schiebt sich alles zusammen. Es beginnt die Sortierung für die Medaillenränge. Ich bin knapp vor dem Stimmritzenverlust. Die Kardiowerte der Läuferinnen sind ebenfalls im roten Bereich. Lena holt alles heraus, was die Biologie erlaubt. Ein Wahnsinn, wie sie kämpfen kann. Sie läuft neuerlich österreichischen Rekord, großartige 55,94 s und wird Dritte dieser Europameisterschaft. Das lässt sich nicht nur behaupten, sondern auch belegen. Andrea Rooth gewinnt mit 55,78 s.

Der Rest ist schnell erzählt. Die gesamte Mannschaft liefert Lena Pressler minutenlang Ovationen, ein angereister Fanclub jubiliert und mir fällt das Lied von Louis Amstrong ein: What a wonderful world!

Pressler Fanclub

Text: Herbert Winkler
Fotos: ÖLV, Winkler und Coen Schilderman

15/07/23 13:23, Text: Clara Baudis

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